1 2015
Esslinger Gesundheitsmagazin 39
des Herzens“, erläutert Dr. Norbert Sme-
tak aus Kirchheim, Bundesvorsitzender
des Verbandes der niedergelassenen Kar-
diologen. Ergibt die Untersuchung, dass
alles in Ordnung ist, kann man beruhigt
langsam mit dem Training beginnen.
Allerdings reicht es nicht, nur einmal in
der Woche Sport zu treiben, selbst wenn
man sich dann gleich über zwei Stunden
verausgabt. „Um einen vernünftigen Trai-
ningseffekt zu erzielen, der der Gesund-
heit nützt, muss man sich drei Mal in der
Woche mindestens eine halbe Stunde
kräftig bewegen“, sagt Dr. Smetak. Nach
oben gibt es natürlich keine Grenze.
Wichtig ist dabei Ausdauertraining als
Basis, also Walken, Joggen, Radfahren
oder Schwimmen, möglichst kombiniert
mit moderatem Krafttraining. „Vor allem
für ältere Menschen ist das Krafttraining
nützlich, um denMuskelabbau zu stoppen
und die Beweglichkeit zu erhalten.“ Dabei
muss nicht jeder zum Leistungssportler
avancieren und für den nächsten Mara-
thon trainieren. Im Gegenteil: „Sport mit
Maß, Ziel und Vernunft sollte das Motto
lauten“, rät Dr. Smetak. In der Praxis
bedeutet das, den eigenen Puls im Blick
zu behalten. Für die Berechnung der Puls
obergrenze, die für Fettverbrennung und
Ausdauertraining ideal ist, nennt der Kar-
diologe eine einfache Faustformel: 220
minus Lebensalter minus 15 Prozent. Bei
einem 55-Jährigen liegt die Grenze damit
bei einem Wert von etwa 140. Einfache
Pulsuhren können vor allem Ungeübten
helfen, möglichst um diese Pulsfrequenz
herum zu trainieren. Denn zunächst ist es
wichtig, mit regelmäßigem Training eine
Leistungsbasis mit einer Grundkondition
aufzubauen. Wer gleich lospowert und
seinen Puls auf zu hohe Werte hinaufjagt,
schadet mehr, als es nützt.
„Freizeitsportler sollten immer auf ihren
Körper hören und es im Zweifel lieber
langsamer angehen lassen oder eine
Pause einlegen“, rät der Kardiologe.
Wichtig ist ein gesunder Wechsel zwi-
schen sportlicher Belas-
tung und Regeneration.
Auch mit einer starken
Erkältung oder gar Fieber
sollte Sport tabu sein.
Zudem gibt es Unter-
schiede in der Tagesform.
Sportmediziner sprechen
von Morgensportlern und
Abendsportlern. Die einen
sind morgens fitter, die
anderen abends. 20 bis 30 Prozent gerin-
ger kann daher die Leistungsfähigkeit
sein, wenn man zur falschen Tageszeit
trainiert.
Allerdings gibt es auch Sportarten, von
denen der Kardiologe manchen seiner
Patienten eher abrät. Tennis zum Beispiel:
Die schnellen Sprints mit sehr abrupten
Stopps, die beim Tennis die Regel sind,
können für das Herz gefährlich werden.
„Hinzu kommt der psychische Stress, weil
man vom Gegner ständig gejagt wird.“
Durch die starke mechanische Belastung
des Herzens und der Herzkranzgefäße
könnten in den Gefäßen Plaques aufbre-
chen und zum Herzinfarkt führen. Und
das passiert wohl gar nicht so selten. Vor
allem, wenn die älteren Herren sich in der
größten Mittagshitze um 14.00 Uhr auf
dem Platz zu einem Match treffen.
Mit Herzdruckmassage
Leben retten
Was aber tun, wenn der Sportskamerad
plötzlich zusammenbricht, sich nicht
mehr rührt und kein Puls mehr spürbar ist,
weil das Herz ausgesetzt hat? Schnelle,
imWortsinn beherzte Hilfe ist dann nötig.
Erster Schritt: Über die Notrufnummer
112 den Notarzt rufen und dann im zwei-
ten Schritt sofort mit der Herzdruckmas-
sage beginnen. Falsch machen kann man
dabei nichts. Einen folgenschweren Fehler
macht nur, wer abwartet oder sich auf
andere verlässt. Bei der Herzdruckmas-
sage kommt es darauf an, den Blutkreis-
lauf mechanisch in Gang zu halten, damit
vor allem das Gehirn weiterhin ausrei-
chend mit Sauerstoff versorgt wird. Denn
unterversorgt nimmt das Gehirn schon
nach wenigen Minuten Schaden. Durch
rhythmischen Druck auf das Brustbein
übernimmt der Ersthelfer die Pumpfunk-
tion des Herzens. Leben rettend kann
dabei auch der Rocktitel von den Bee
Gees mit dem bezeichnenden Titel „Stayin
Alive“ sein. Der hat nämlich 100 Beats pro
Minute und damit genau den schnellen
Rhythmus, der für die Herzdruckmassage
nötig ist. Denn rund 100 Mal in der
Minute muss der Ersthelfer mit dem
Handballen das Brustbein mindestens
fünf Zentimeter tief eindrücken. Auch
wenn das Herz nach einiger Zeit nicht
wieder spontan zu schlagen beginnt, darf
mit der Herzdruckmassage nicht aufge-
hört werden, bis der Rettungswagen
kommt und der Notarzt übernimmt. Denn
entscheidend ist, dass die Blutversorgung
des Gehirns gesichert wird.
In vielen öffentlichen Gebäuden und an
Plätzen hängen zudem inzwischen soge-
nannte Defibrillatoren. Wenn nicht unnö-
tig Zeit vergeht mit der Suche nach dem
nächsten Gerät, kann jeder Laie auch
damit den plötzlichen Herztod verhin-
dern. „Die Geräte sind selbsterklärend und
geben sehr exakte Anweisungen, so dass
man wirklich nichts falsch machen kann“,
berichtet Dr. Smetak.
„Wenn ein Patient von einem Ersthelfer
gut versorgt wurde und so trotz Herzstill-
stand überlebt hat, können wir das ver-
schlossene oder verengte Herzkranzge-
fäß, das den Herzinfarkt ausgelöst hat, im
Herzkatheterlabor unserer Klinik wieder
durchgängig machen und so die Folgen
des Infarktes in Grenzen halten“, berichtet
Kardiologie-Chefarzt Professor Leschke.
Perkutane Transluminale Coronare Angio-
plastie (PTCA) heißt das Verfahren, bei
dem von der Leistenbeuge oder -vene aus
ein Katheter bis zum verstopften Herz-
kranzgefäß geführt wird, wo es mit einem
aufblasbaren Ballon aufgedehnt
>>>
„Um eine vernünftigen Trainingseffekt
zu erzielen, muss man sich drei Mal
in der Woche mindestens eine halbe
Stunde kräftig bewegen.“
Prof. Dr. Mathias Leschke
Dr. Norbert Smetak