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Esslinger Gesundheitsmagazin 45
Lage. „Es liegt in unserer Verantwortung,
die Kinder zu schützen, wenn es einen
Schutz gibt“, so der Kinderarzt, „so wie
wir sie auch im Auto anschnallen, weil wir
mittlerweile geeignete Kindersitze haben
– auch wenn wir seit 20 Jahren unfallfrei
fahren.“
Keine Angst vor Nebenwirkung?
Impfungen sollen wirken. Und alles, was
im Körper wirkt, kann auch eine uner-
wünschte Nebenwirkung hervorrufen.
„Man muss allerdings unterscheiden
zwischen einer Impfreaktion und einer
Impfnebenwirkung.“ Zu den häufigen
Impfreaktionen zählen Rötungen und
Schwellungen an der Einstichstelle (bis
zu 20 Prozent), Fieber, Kopf- und Glie-
derschmerzen sowie Übelkeit und
Durchfall (ein bis zehn Prozent). „Dabei
handelt es sich nicht um Nebenwirkun-
gen, sondern um Zeichen dafür, dass das
Immunsystem auf die Impfung reagiert.“
Nach Impfungen mit Lebendimpfstof-
fen, wie dem Masern-, Mumps-, Röteln-
impfstoff, kann gelegentlich eine leichte
Form der Masern auftreten. Die ist in
ihrer Ausprägung aber nicht mit einer
echten Infektion vergleichbar und auch
nicht ansteckend. „Richtige Nebenwir-
kungen sind extrem selten“, sagt Dr.
Hayd.
Worauf sollten Allergiker achten
Grundsätzlich lässt sich eine Häufung von
Allergien durch Impfungen nicht belegen.
Wenn bei einem Kind allerdings frühzei-
tig eine Allergie festgestellt wird oder die
Familie durch Allergien stark belastet ist,
sollte dies mit dem Kinderarzt bespro-
chen werden. „Allergien gegen Hilfs-
stoffe wie Antibiotika oder Formaldehyd
in Impfstoffen sind jedoch extrem sel-
ten.“ Probleme können bei einer schwe-
ren Hühnereiweißallergie vom Soforttyp
auftauchen, wenn Impfstoffe verwendet
werden, die noch Hühnereiweiß enthal-
ten. Dies trifft imMoment aber nur noch
für Impfstoffe gegen Grippe und Gelbfie-
ber zu. Manche Impfungen können bei
Allergikern sogar besonders nützlich sein,
zum Beispiel sollte bei Kindern mit
schwerer Neurodermitis auf einen Wind-
pockenimpfschutz geachtet werden, da
Windpocken bei Neurodermitis beson-
ders schwer verlaufen können.
In unserem Körper herrscht immer
Krieg. Denn permanent dringen Krank-
heitserreger ein. Die unsichtbaren Viren
und Bakterien fliegen durch die Luft,
lauern an allem, was wir anfassen. In
der Regel werden sie von den weißen
Blutkörperchen und Antikörpern einge-
fangen und eliminiert, bevor sie über-
haupt in der Lage sind, uns zu schaden.
Je nachdem wie trickreich oder zahl-
reich die Eindringlinge jedoch sind, dau-
ert die Bekämpfung auch mal länger. In
der Zeit sind wir krank. Unser Abwehr-
system beschäftigt sich nicht mit dem
gesamten Erreger, sondern erkennt
immer ganz bestimmte Bestandteile –
die sogenannten Oberflächen-Antigene
– und produziert exakt passende Anti-
körper, die dann den Schädling stop-
pen. Gleichzeitig bildet der Körper auch
Zellen, die sich die Merkmale der ein-
dringenden Erreger merken – so
genannte Gedächtniszellen. Bei einem
späteren Kontakt mit den gleichen
Krankheitserregern sind diese Gedächt-
niszellen in der Lage, blitzschnell die
Bildung von passenden Antikörpern zu
veranlassen. Dadurch können die Erre-
ger, die der Körper bereits kennt, sofort
unschädlich gemacht werden.
Eine Impfung ist eine künstlich hervorge-
rufene Immunantwort, die dazu führt,
dass der Körper Gedächtniszellen bildet.
Im Falle einer echten Infektion können
so sofort Antikörper gebildet werden.
Dabei gibt es aber Unterschiede, denn
es gibt zwei Arten von Impfstoffen: die
Tot- und die Lebendimpfstoffe.
Die Totimpfstoffe
(auch inaktivierte
Impstoffe genannt) enthalten nur die
Oberflächen-Antigene des Erregers,
gegen die die Antikörper gebildet wer-
den. Der Erreger ist auch nicht in der
Lage, sich zu vermehren. „Es gibt also
keine Infektion bei der sich die Bakteri-
en oder Viren vermehren, sondern es
bleibt bei der klar definierten Menge an
Oberflächen-Antigenen“, erklärt der
Kinderarzt Dr. Christian Hayd. Zu den
Totimpfstoffen gehören Impfstoffe
gegen Diphtherie, Hepatitis B, Hib
(Haemophilus influenzae Typ b), Kinder-
lähmung, Keuchhusten, Tetanus, Pneu-
mokkoken, FSME und Menigokokken C.
Lebendimpfstoffe
enthalten geringe
Mengen vermehrungsfähiger Krank-
heitserreger, die jedoch so abge-
schwächt wurden, dass sie die Erkran-
kung selbst nicht auslösen. Nur in
seltenen Fällen können sie zu einer
leichten „Impfkrankheit“ führen – wie
bei den sogenannten Impfmasern. Dies
ist ein leichter, masernähnlicher Aus-
schlag, der einige Woche nach der Imp-
fung auftreten kann und nicht anste-
ckend ist. Zu den Lebendimpfstoffen
gehören beispielsweise Impfstoffe
gegen Masern, Mumps, Röteln und
Windpocken.
Impfung bei Erwachsenen
„Mit der Grundimmunisierung ihres Kin-
des legen Eltern einen Grundstock fürs
Leben“, sagt Dr. Hayd. Bekanntermaßen
steigt die Impfmüdigkeit mit dem Alter.
Die MMR-Impfung hält ein Leben lang.
Tetanus, Diphterie, Keuchhusten und Polio
sollten allerdings alle zehn Jahre aufge-
frischt werden. „Wichtig ist, dass Erwach-
sene ihren Impfschutz überprüfen lassen
und gegebenenfalls eine neue Grundim-
munisierung bzw. Auffrischimpfungen
durchführen lassen“, sagt Dr. Hayd. Das
ist bei jedem Hausarzt möglich.
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Das Immunsystem: Kampf von Gut gegen Böse
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