Esslinger Gesundheitsmagazin
1 2014
wurde, wird heutzutage empfohlen, wiederkehrende unkompli-
zierte Divertikulitisepisoden prinzipiell konservativ, also mit
Antibiotika zu behandeln“, erläutert Professor Geißler, Chefarzt
der Klinik für Innere Medizin, Onkologie/Hämatologie, Gastro-
enterologie und Infektologie. „Bei wiederholten schweren Schü-
ben oder wenn Abszesse, Fisteln oder gar Perforationen auftre-
ten, sollte dagegen operiert werden“, sagt Professor Staib. Dabei
wird der Teil des betroffenen Dickdarms samt der Divertikel rest-
los entfernt. „Der Patient kann ohne Sigma ein uneingeschränk-
tes Leben führen“, sagt der Chirurg.
Operiert wird in der Regel mit der Schlüssellochchirurgie. Dabei
benötigen die Chirurgen nur fünf kleine Schnitte, um sich
Zugang zum Bauchraum zu verschaffen. „Unser Esslinger Fast-
Track-Konzept führt dazu, dass der Patient nur fünf bis zehn
Tage im Krankenhaus bleiben muss“, sagt der Chefarzt der Chi-
rurgie. Fast Track bedeutet eine Reihe von Maßnahmen, zum
Beispiel den Verzicht auf eine Magensonde, gutes Schmerzma-
nagement und eine frühzeitige Mobilisierung des Patienten. Bis
zur sechsten Woche sollte dann ein Ernährungsplan eingehalten
werden. „Nach drei Monaten kann der Betroffene im Prinzip
alles wieder essen.“
Grenzen der Schlüssellochchirurgie
Auch wenn viele Operationen heutzutage mit der sogenannten
Laparoskopie durchgeführt werden können, deren Vorteile in
einer schnelleren Erholung und einer guten Kosmetik liegen, so
hat die minimalinvasive OP-Technik durchaus ihre Grenzen.
„Immer wenn die Situation im Bauchraum unübersichtlich wird,
sollte offen-chirugisch operiert werden“, sagt Professor Staib.
„Bei starken Blutungen zum Beispiel oder auch bei starken Ver-
wachsungen sollte der Chirurg Abstand von der minimalinvasi-
ven Technik nehmen.“ Das Allerwichtigste sei immer, dass der
Patient nicht gefährdet wird.
Durch moderne Anästhesie und Schmerztherapie sowie das
Fast-Track-Konzept seien die Unterschiede in der Erholungs
zeit gar nicht mehr so gravierend. „Wir haben in Esslingen eine
große Tradition der Schlüssellochchirurgie und deshalb viel
Erfahrung“, so der Chefarzt, „dennoch muss ein Operateur einen
hohen Grad an Kompetenz für minimalinvasive Eingriffe mit-
bringen.“ Im Zweifelsfall sei es immer besser, offen zu operieren.
Dem Darmkrebs vorsorgen
Der Darmkrebs ist der häufigste bösartige Tumor des Verdau-
ungstraktes, steht an Platz zwei bei Krebserkrankungen von
Männern und Frauen und hat in den Industrieländern in den
vergangenen 30 Jahren deutlich zugenommen. Da die Heilungs-
chancen im Anfangsstadium besonders
hoch sind, empfehlen Mediziner regelmä-
ßige Vorsorgeuntersuchungen ab dem 50.
Lebensjahr. Dabei ist die genauste Metho-
de zur Erkennung von Darmkrebs und des-
sen Vorstufen (Darmpolypen) die Darm-
spiegelung. „Die Patientenzahlen haben
zumindest bei uns in den vergangenen
Jahren zugenommen“, sagt Gastroentero-
loge Dr. Neef. Zwar sei die Abführprozedur,
die jeder Patient vor der Untersuchung
machen müsse, unangenehm, dennoch
seien die meisten überrascht, wie wenig
schlimm die Spiegelung sei. „Die Patienten
bekommen eine Sedierung, das heißt ein
Beruhigungsmittel“, so Neef. Dann wird
der Darm endoskopisch ausgeleuchtet, eventuelle Polypen könn-
ten direkt bei der Untersuchung abgetragen werden. „In Einzel-
fällen, wenn der Darm viele Schlingen und/oder Verwachsungen
aufweist, kann eine radiologische Abklärung durchgeführt wer-
den.“ Die Vorsorge kann in jedem Fall einen Darmkrebs verhin-
dern.
Reizdarm – Beschwerden ohne Ursache
Wenn der Arzt trotz umfassender Diagnostik keine organische
Ursache für chronische Darmbeschwerden finden kann, wird
häufig die Diagnose Reizdarm gestellt. Sie gehört zu den häu-
figsten Diagnosen in gastroenterologischen Praxen. „Wir versu-
chen dann symptomorientiert zu behandeln“, sagt Dr. Bernhard
Neef.
Was aber führt zu einem Reizdarm? Zunächst sollten Unver-
träglichkeiten und Allergien ausgeschlossen werden, die zu ähn-
lichen Beschwerden führen können. Hilfreich dabei ist das Füh-
ren eines Ernährungstagebuchs. Somit kann man Lebensmitteln
auf die Spur kommen, die Beschwerden verursachen. Diese sollte
der Patient tunlichst meiden.
„In jüngster Zeit wird beim Reizdarm-Syndrom die Störung der
Darmflora sehr stark diskutiert“, sagt Dr. Neef. Probiotika erle-
ben eine Renaissance in der Medizin. Bei Probiotika handelt es
sich vorwiegend um lebende apathogene Bakterien. Die Bakte-
rien kommen in milchsauren Produkten wie Joghurt, Buttermilch
und Kefir vor. Sie können eine gestörte Darmflora wieder auf-
bauen. Die natürliche Darmflora kann zum Beispiel durch die
Behandlung mit Antibiotika gestört werden. Dr. Neef: „Auf dem
Gebiet wird gerade viel geforscht, ich erwarte in den nächsten
Jahren neue Behandlungsansätze.“
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Dickdarmpolypen sind Vorstufen
von Darmkrebs
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„Wir haben in Esslingen
eine große Tradition der
Schlüssellochchirurgie und
deshalb viel Erfahrung.“
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