1 2013
Esslinger Gesundheitsmagazin 43
Basis von wissenschaftlich belegten
Theorien und mit Methoden, die auf die
Bedürfnisse des einzelnen Patienten
eingehen, ist die Arbeit des Pflegediens­
tes darauf ausgerichtet, Patienten zu
aktivieren, sie in die Pflegeprozesse ein­
zubinden, sie zu beraten und soweit es
nur geht in die Eigenständigkeit zurück­
zuführen. „Außerdem wird häufig über­
sehen“, ergänzt Doris Rohrhirsch, „wel­
che zwischenmenschlichen Qualitäten
bei den Pflegemitarbeitern vorhanden
sein müssen – und definitiv auch sind.“
Da die Pflegenden am häufigsten im
direkten Kontakt mit den Patienten sind,
fungieren sie oft auch als Bindeglied zu
den Ärzten, können fundierte Rückmel­
dungen zu Befindlichkeiten und Fort­
gang des Heilungsverlaufs geben, die
familiäre Si­tu­ation oder das soziale
Umfeld ein­schätzen.
Belastung steigt immer weiter
Mit der Erweiterung des Aufgabenfeldes
der Pflege steigt natürlich auch die zeit­
liche Belastung des Personals. Hinzu
kommen – gesetzlich vorgeschrieben –
immer höhere Aufwände für die Doku­
mentation von Krankheitsverläufen und
Pflegetätigkeiten. Um bei diesemMehr an
Aufwand beste Ergebnisse und höchste
Qualität zu sichern, sind effektive Abläufe
und ausgeklügelte Sicherheitssysteme
wichtiger denn je. „Wir begegnen dem
beispielsweise mit der Umsetzung von
Expertenstandards“, sagt Doris Rohr­
hirsch. Expertenstandards sind Leitlinien,
die in der Regel von Fachgesellschaften
zusammengestellt werden und vorgeben,
wie in bestimmten Fällen vorgegangen
werden soll. Solche Expertenstandards
gibt es im Klinikum Esslingen beispiels­
weise für Sturzprophylaxe, den Umgang
mit Schmerzen, das Management von
Patientenentlassungen oder den Schutz
vor dem Wundliegen von Patienten. „Die
Standards sind für die Mitarbeiter natür­
lich ein Hilfsmittel – wenn die Zeit knapp
ist, können sie sich einfach Schritt für
Schritt daran orientieren“, erklärt Pflege­
direktorin Rohrhirsch. „Das dient zum
einen der Sicherung der Qualität“, ergänzt
sie, „und wenn die Abläufe sich einmal
eingependelt haben, bringen sie eben
auch eine Zeitersparnis mit sich.“
Die dynamische Entwicklung der profes­
sionellen Pflege hat mittlerweile dazu
geführt, dass unmöglich jeder alles kön­
nen kann. Deshalb müssen Experten aus­
gebildet werden, sei es in pflegewissen­
schaftlichen Studiengängen oder in
Fachweiterbildungen – so wie bei Jenny
Strutzke oder bei Christina Kratzer, die
sogar mehrere Weiterbildungen absol­
viert hat. 1993 hatte sie ihre Ausbildung,
damals noch zur Krankenschwester,
abgeschlossen. „Als ich hier angefangen
habe, waren gerade die Häubchen für die
Schwestern abgeschafft“, erzählt sie
lachend. Nach einer Weiterbildung durfte
sie sich später Diabetesassistentin DDG
nennen, weitere zwei Jahre später setzte
sie noch eine zwölfmonatige Fachweiter­
bildung zur Diabetesberaterin DDG drauf.
Seither arbeitet Christina Kratzer zu 60
Prozent in ihrem Pflegejob auf der Sta­
tion, zu 40 Prozent ist sie im Klinikum
Esslingen in Sachen Diabetes unterwegs.
„Ich berate diabeteskranke Patienten,
kläre sie über die richtige Ernährung auf
und bringe ihnen Dinge bei, die sie auf
Grund ihrer Krankheit unbedingt wissen
müssen.“ So gibt Christina Kratzer den
Patienten zum Beispiel Schulungen zum
Umgang mit Insulinspritzen und Tablet­
ten, oder erklärt, wie eine Blutzucker­
messung durchgeführt wird. „Und auch
Ärzte oder Kolleginnen und Kollegen aus
der Pflege kommen häufig auf mich zu
und bitten beispielsweise um Unterstüt­
zung bei der Erstellung eines Insulinplans
für einen Patienten“, sagt die Diabetesbe­
raterin. Christina Kratzer mag ihren zwei­
geteilten Job, die Diabetesberatung ist
eine willkommene Abwechslung – „vor
allem“, wie sie sagt, „weil ich mir so für
die Diabetespatienten richtig viel Zeit
nehmen kann.“
Für das Klinikum Esslingen sind solche
Fachweiterbildungen eine notwendige
Investition in die Zukunft. Das zeigt
zum einen ein ganz einfaches Beispiel:
War früher die Aufbereitung des Inst­
rumentariums für die Operationen noch
mit angelernten Hilfskräften zu bewäl­
tigen, geht heute aus gesetzlichen
Gründen ohne passende Weiterbildung
gar nichts mehr. Nur noch geprüfte Ste­
rilgutassistenten dürfen die Instru­
mente waschen, kontrollieren und neu
verpacken. Zum anderen machen es die
knappen personellen Ressourcen heute
unumgänglich, Tätigkeiten in Experten­
händen zu bündeln – und der dynami­
sche Fortschritt der Medizin, aber ins­
besondere auch das Selbstverständnis
der Pflege machen es zur Pflichtauf­
gabe, immer weiter an der Verbesserun­
gen des eigenen Tuns zu arbeiten.
Dabei bringen die Qualifizierungsmaß­
nahmen auch Schwierigkeiten mit sich.
„Einfach gesagt: In der Zeit, in denen die
Mitarbeiter bei den Weiterbildungskursen
sind, sind sie nicht bei der Arbeit hier im
Klinikum“, erklärt Pflegedirektorin Rohr­
hirsch, wo das Problem liegt – einen Aus­
gleich im Stellenplan gibt es nämlich
nicht. Aber auch wenn die Situation nicht
einfach ist, überwiegen am Ende die Vor­
teile, findet sie: „Schlussendlich kommen
die Früchte der Fortbildungsarbeit dort
an, wo es am wichtigsten ist – bei den
Patienten.“
sg
„Was Gesundheits- und Krankenpfleger
leisten, erkennen Menschen oft erst
im persönlichen Kontakt, also wenn sie
selbst im Krankenhaus waren.“
Schulung für Diabetespatienten:
Wie messe ich meinen Blutzucker?
1...,33,34,35,36,37,38,39,40,41,42 44,45,46,47,48,49,50,51