1 2013
Esslinger Gesundheitsmagazin 47
Chefarzt Dr. Helmut Gnann
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„Rapid Arc“ nennt sich das Bestrahlungs
system, mit dem seit gut drei Jahren Pati
enten in der Klinik für Strahlentherapie
und Radioonkologie behandelt werden.
„Schneller Kreisbogen“ – die Übersetzung
der Gerätebezeichnung benennt bereits
zwei wichtige Eigenschaften: das System
arbeitet sehr schnell und dreht sich
während der Bestrahlung in einem Kreis
bogen um den Patienten. Noch wichtiger
aber: Das Rapid-Arc-System ermöglicht
Bestrahlungen in höchster Präzision. Die
hochdosierten Strahlen treffen exakt
den Krebstumor und zerstören dessen
Gewebe, während die umliegenden
Organe und Strukturen geschont werden.
„Dadurch sind bei keinem Patienten, den
wir mit dem neuen System behandelt
haben, nennenswerte Nebenwirkungen
aufgetreten“, berichtet Chefarzt Dr. Hel
mut Gnann.
Als das Gerät Ende 2009 in Esslingen
aufgestellt wurde, war die Klinik die
deutschlandweit dritte, die das neue Sys
tem einsetzen konnte – für Dr. Gnann „ein
Quantensprung“ in der Bestrahlungstech
nik. Seine Begeisterung hat sich bis heute
erhalten: „Unsere Erwartungen haben sich
voll erfüllt.“ Die Behandlung des Pros
tatakarzinoms, der bei Männern häufigs
ten Krebserkrankung, nennt er als Bei
spiel. Ist der Krebstumor noch auf die
Prostata begrenzt, gilt er als heilbar.
Schon länger beurteilen die medizini
schen Leitlinien, an denen sich die Ärzte
bei der Krebsbehandlung orientieren, die
Strahlentherapie neben der operativen
Entfernung der Prostata als gleichwertig.
Rund 160 Patienten mit Prostatakarzinom
wurden in den vergangenen drei Jahren
in der Esslinger Klinik hochdosiert mit der
Rapid-Arc-Technik in kurativer, also in
heilender Absicht behandelt. Komplikati
onen traten dabei nicht auf. „Die Patien
ten litten weder unter Übelkeit noch unter
Nebenwirkungen an der Harnblase, ins
besondere auch nicht unter Harninkonti
nenz“, berichtet Dr. Gnann. Rund 40 Mal
müssen die Patienten zur Bestrahlung
kommen, bis die Krebserkrankung mit
einer Gesamtstrahlendosis von 80 Gray
bestrahlt ist. Vor einigen Jahren und mit
weniger präzisen Geräten sei noch eine
Dosis von 60 Gray üblich gewesen, sagt
Dr. Gnann. Inzwischen aber sind 80 Gray
Standard, denn Untersuchungen haben
gezeigt, dass die Heilungsrate mit der
höheren Dosis um 15 Prozent besser ist.
Die einzelne Bestrahlung ist mit dem
Rapid Arc in zwei bis fünf Minuten erle
digt, da macht das Bestrahlungssystem
seinem Namen alle Ehre. „Mit den her
kömmlichen Systemen dauert eine Thera
piesitzung oft 20 Minuten“, erläutert
Dr. Gnann. Gut 60 Patienten können so
an einem normalen Arbeitstag mit dem
Gerät bestrahlt werden. „Damit können
wir rasch auf eine neue Diagnose reagie
ren, den Patienten innerhalb weniger Tage
einen Termin bieten und mit der Bestrah
lungstherapie beginnen.“
Bestrahlung aller Krebsarten
Inzwischen bestrahlen die Ärzte der Klinik
für Strahlentherapie und Radioonkologie
nahezu alle Krebsarten mit dem neuen
System – mit ebenfalls sehr guten Ergeb
nissen. Nach einer brusterhaltenden
Krebsoperation beispielsweise ist eine
anschließende Strahlentherapie üblich.
Auch hier sind die Nebenwirkungen, wie
Hautreaktionen, Übelkeit und Müdigkeit,
deutlich geringer als bei „einfachen“
Bestrahlungstechniken. Die hochpräzise
Technik sorgt dafür, dass Herz und Lunge
geschont werden.
Welcher Patient zu welchem Zeitpunkt
einer Krebsbehandlung eine Strahlenthe
rapie erhält, wird am Klinikum Esslingen
für jeden Patienten in den Tumorkonfe
renzen entschieden. Ärzte aller Fachrich
tungen, die sich mit Krebserkrankungen
beschäftigen, sitzen hier zusammen und
beraten die optimale Behandlungsstrate
gie. Für jeden krebskranken Patienten im
Klinikum Esslingen gibt es eine solche
wöchentliche Konferenz, an der immer
auch die Strahlentherapeuten beteiligt
sind.
„Bei keinem Patienten sind nennens
werte Nebenwirkungen aufgetreten.“
„Unsere Erwartungen
haben sich erfüllt.“