1 2013
Esslinger Gesundheitsmagazin 31
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der Leistungen, die die Klinik in diesem Bereich bietet, ist so viel­
fältig wie der Fuß selbst und reicht von Bänderrissen und Kno­
chenbrüchen über die Korrektur von Zehenfehlstellungen und
Gelenkspiegelungen bis zur Amputation einzelner Zehen auf­
grund des diabetischen Fußes.
Am häufigsten nachgefragt ist die Vorfußchirurgie, die Zehen­
fehlstellungen wie Hallux valgus oder Hammer- und Krallenze­
hen behebt. Beim Hallux valgus, dem Schiefstand der großen
Zehe, ist das Quergewölbe des Fußes verloren gegangen,
wodurch sich der Fußballen verbreitert und die Mittelfußköpf­
chen verschieben. Dadurch wird die große Zehe zu den anderen
Zehen hin verlagert. Die Ursache für diese Fehlstellung ist noch
nicht genau geklärt. Tritt ein Hallux in jungen Jahren auf, was
selten ist, steckt meist ein angeborener Defekt dahinter. Bei
manchen Menschen spielt auch das Schuhwerk eine Rolle. So
können hohe Absätze und das daraus resultierende Vorschieben
des Fußes im Laufe der Zeit zu einem breiteren Vorfuß führen.
Allerdings betrifft das nicht alle Absatz-Trägerinnen. „Es gibt
Frauen, die ihr Leben lang durch die Welt stöckeln und keinen
Hallux entwickeln“, sagt Fußchirurg Braun, „und es gibt barfuß
gehende Naturvölker mit ausgeprägter Großzehenfehlstel­
lung.“
Operation ist einzige Therapieoption
Probleme bereiten solche Fehlstellungen anfangs kaum. „Die
Betroffenen kommen meist erst, wenn die Schuhe nicht mehr
passen, weil Druckstellen entstanden sind und das Gehen
schmerzt“, betont Dr. Braun. In einem solchen Fall hilft nur eine
Operation. Die Hallux-Fehlstellung etwa wird korrigiert, indem
der erste Mittelfußknochen zertrennt und neu zusammenge­
setzt wird. Das ist eine komplizierte Angelegenheit. Meist arbei­
tet Dr. Braun mit der Lupenbrille, auch setzt er bei Bedarf
kleinste Schrauben und Metallplättchen ein, die den Knochen
in der neuen Position halten und in der Regel dauerhaft im Fuß
verbleiben.
In der über 100-jährigen Geschichte der Vorfußchirurgie wur­
den zahlreiche OP-Verfahren entwickelt, die immer komplexer
wurden und viel Erfahrung erfordern. „Wir korrigieren heutzu­
tage nicht nur die Knochen, sondern richten auch Bänder, Seh­
nen und die anderen Strukturen“, erklärt Dr. Braun. Den Mehr­
aufwand nimmt er gerne in Kauf, denn der Anspruch der Klinik
ist es, eine langfristige Korrektur zu erreichen. „Wir wollen, dass
auch nach zehn Jahren die Zehen noch gerade stehen.“
30 bis 40 Hallux-Operationen führt der Oberarzt jährlich durch,
Tendenz steigend. Der Eingriff kann ambulant oder stationär
erfolgen. „Sind die Patienten voroperiert oder bestehen Begleit­
erkrankungen, dann ist ein kurzer stationärer Aufenthalt von
zwei bis drei Tagen zu empfehlen“, so Oberarzt Braun. Etwa 45
Minuten dauert ein Hallux-Eingriff, für das Geraderücken einer
Krallen- oder Hammerzehe werden sogar nur 15 Minuten ange­
setzt. Wesentlich länger dauert es allerdings, bis der Fuß wieder
voll einsatzfähig ist. Die ersten zwei Wochen nach der OP, bis
zum Ziehen der Fäden, tragen die Patienten einen Vorderfußent­
lastungsschuh, danach muss der Fuß weitere vier Wochen lang
geschont werden.
Kleine Wunden mit großen Folgen
Wichtiger Schwerpunkt der Fußchirurgie ist auch die Behand­
lung des diabetischen Fußes. Zum einen haben Diabetiker ein
herabgesetztes Schmerz- und Berührungsempfinden, zum ande­
ren leiden sie oft unter Durchblutungsstörungen, was wiederum
eine schlechte Immunabwehr zur Folge hat. Das alles führt dazu,
dass kleine Verletzungen gerade an den Füßen nicht bemerkt
werden und sich schnell zu chronischen und infektiösen Wun­
den entwickeln. Die Behandlung solcher Wunden erfolgt in der
Regel durch den Hausarzt oder den niedergelassenen Diabeto­
logen, allerdings kann auch schnell ein akutes Geschehen daraus
werden, das eine klinische Therapie notwendig macht. „Zu uns
kommen die Leute im Notfall, mit hochentzündlichen Füßen, die
schon zu Fieber und Schüttelfrost führen“, sagt Dr. Braun. „Dann
gilt es, die Infektion notfallmäßig in Ordnung zu bringen.“
Diese Notfallsituationen sind meist hausgemacht, da die Pati­
enten die Behandlung oft hinauszögern, bis es nicht mehr anders
geht. Umso länger wird dann der Aufenthalt im Krankenhaus.
„Allein die Infektionsbehandlung dauert zwei bis drei Wochen,
ist dann noch eine große Wunddeckung nötig, dauert der Auf­
enthalt schnell vier bis fünf Wochen“, erklärt Oberarzt Braun.
„Zeit, Geduld und regelmäßige Kontrolle“ sind für den Fußchi­
rurg bei der Heilung entscheidend. Kommt es noch problemati­
scher, etwa wenn Knochen und Sehnen freiliegen oder die Kno­
chen schon chronisch vereitert sind, ist zudem seine ganze
medizinische Kompetenz gefragt. „Unser Bestreben ist es dann,
Die Fehlstellung der Großzehe
(Hallux valgus; oben im Rönt-
genbild) und die Hammerzehe
sind typische Zehenfehlstellun-
gen, die einzig durch eine Ope-
ration wieder „zurechtgerückt“
werden können
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