1 2013
Esslinger Gesundheitsmagazin 25
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„Zu Beginn handelt es sich vielleicht noch
um eine behandelbare Bronchitis“, sagt
Trinajstic-Schulz. Doch wenn die Schädi­
gung der Lunge so stark ist, dass man sie
nicht mehr heilen kann, wird sie zu COPD.
Der Übergang ist fließend. „Typisch sind
Probleme beim Ausatmen, schlechte
Belastbarkeit, Auswurf und Husten“, sagt
Dr. Faehling. Der Husten verändert sich im
Laufe der Erkrankung, der Schleim nimmt
zu und verfärbt sich zu braun-gelb. Über
einen Lungenfunktionstest und gegebe­
nenfalls eine Blutgasanalyse lässt sich die
Krankheit bereits in einem frühen Sta­
dium diagnostizieren.
Wer die Symptome ignoriert und den
Arztbesuch meidet – wozu gerade Rau­
cher gerne neigen – macht es nur
schlimmer. Denn in einem frühen Stadi­
um lässt sich COPD gut behandeln. „Eine
drama­tische Verschlechterung kommt
meist mit einem akuten Infekt“, erklärt
Trinajstic-Schulz. Bei einer solchen „Exa­
zerbation“ bekommen die Betroffenen
sehr schlecht Luft, nicht selten werden sie
mit akuter Atemnot ins Krankenhaus ein­
geliefert. Hier hilft zunächst nur Sauer­
stoff und Cortison, im Einzelfall auch Anti­
biotika gegen den auslösenden Infekt.
An­schließend werden die Patienten me­
dikamentös eingestellt. Die Behandlung
erfolgt mit inhalierbaren Medikamenten,
die meist als Pulverinhalatoren verab­
reicht werden. Diese müssen dann le­bens­
­lang regelmäßig angewendet wer­den.
Durch das Inhalieren kann der Husten zu­
rückgedrängt werden und auch die kör­
perliche Leistung verbessert sich wieder.
Atemmuskeln trainieren
„Wichtig für die Patienten ist vor allem
auch Bewegung“, erklärt Oberarzt Dr.
Faehling. Bei Sportarten wie zum Beispiel
Nordic Walking mit Stöcken werden die
Atemmuskeln trainiert, was das Atmen
erleichtert. Hat sich bereits ein Lungen­
emphysem mit Ateminsuffizienz ausge­
bildet, muss der Patient regelmäßig mit
Sauerstoff versorgt werden. Mit Hilfe von
mobilen Sauerstoffgeräten wird das Defi­
zit der Lungenfunktion ausgeglichen.
„Allerdings müssen diese dann immer
getragen werden“, sagt Trinajstic-Schulz.
Denn Sauerstoff kann man nicht auf Vor­
rat tanken. ImÜbrigen sollten COPD-Pati­
enten fettreich und kohlenhydratarm
essen. „Weil bei COPD vor allem das Aus­
atmen erschwert ist, steigt der Kohlendi­
oxidgehalt im Körper der Patienten an“,
erklärt Dr. Faehling. Fettreiche Nahrung
produziert weniger Kohlendioxid, was die
Lunge entlastet.
Natürlich muss der Patient versuchen, das
Rauchen aufzugeben. „Wir arbeiten dafür
eng mit vom Zentrum für Tabakentwöh­
nung in Stuttgart (Dr. Alexander Rupp)
zusammen“, erklärt der Oberarzt, „denn
wir wissen, wie schwer es den Betroffe­
nen fällt.“ Die wenigsten schaffen es
allein. Umso wichtiger sei es deshalb,
beim Rauchstopp Hilfe anzunehmen. Das
Stuttgarter Zentrum bietet sechswöchige
Entwöhnungskurse in Kleingruppen an,
die zum Teil von den Krankenkassen
bezahlt werden.
Die COPD ist nicht heilbar. Unbehandelt
lässt sich die Krankheit nicht aufhalten,
irgendwann wird jeder Atemzug zu einem
Ringen nach Luft. „Die Zerstörung der
Was passiert
bei COPD?
Die Lunge gleicht einem umgedrehten
Baum: die Luftröhre ist der Baumstamm,
die Bronchien sind die Äste und die
Bronchiolen sind die Zweige. An diesen
kleinsten Verästelungen des Atemweg­
systems sitzen die Lungenbläschen
(Alveolen) wie Blätter eines Baumes. Sie
sind direkt mit den Blutgefäßen verbun­
den. Beim Einatmen gelangt der Sauer­
stoff aus der Luft über die immer kleiner
werdenden Verästelungen der Atem­
wege und wird über die Lungenbläschen
in die Blutbahn abgegeben. Beim Aus­
atmen gibt die Lunge Kohlenstoffdioxid
aus dem Blut über die Atemwege nach
außen ab. Unsere Lunge dient also dem
Gasaustausch.
Beim Einatmen gelangen aber auch
Schadstoffe, wie sie vor allem im Tabak­
rauch oder Feinstaub enthalten sind, in
die Lunge. Diese giftigen Substanzen
können langfristig chronische Entzün­
dungs- und Umbauprozesse in der
Lunge verursachen.
Durch die Entzündung produzieren die
Bronchien Schleim. Vermehrte Schleim­
produktion ist das erste Symptom einer
entstehenden chronischen Bronchitis.
Dies führt zu einer Überforderung und
schließlich zu einer fortschreitenden
Zerstörung der Flimmerhärchen, die für
die Reinigung des Bronchialsystems
zuständig sind. Staub- und Schmutz­
partikel werden nun zunehmend durch
starkes Husten mit schleimigem Aus­
wurf aus den Bronchien befördert. Der
Schleim verfärbt sich gelblich-braun.
Die zunehmende Belastung beansprucht
das Reinigungssystem immer mehr, so
dass bald die ganze Lunge Schaden
nimmt: der vermehrte, zähflüssige
Schleim und die entzündliche Schwel­
lung der Schleimhäute bewirken eine
zunehmende Verengung (Obstruktion)
der Atemwege. Die Folge sind dauerhaft
verengte Bronchien, die den Sauerstoff
nicht mehr richtig transportieren kön­
nen. Wenn die Umbauprozesse in der
Lunge so weit voran schreiten, dass sie
sich nicht mehr zurückbilden, ist es für
eine Heilung bereits zu spät – die Diag­
nose lautet dann: chronisch obstruktive
Bronchitis (COPD).
Wenn die Entzündungsprozesse schließ­
lich auch die Lungenbläschen erreichen,
tritt ein Lungenemphysem hinzu. Dabei
werden die feinen Wände der Lungen­
bläschen zerstört und es entstehen
funktionslose Emphysemblasen, die sich
zunehmend aufblähen. Dies liegt daran,
dass die Luft beim Ausatmen aufgrund
des zerstörten Lungengewebes nicht
mehr vollständig entweichen kann. Es
kommt zu einer Überblähung der Lunge
und zu einer anhaltenden Atemnot des
Patienten.
Die Lungenbläschen sind
direkt mit den Blutgefäßen
verbunden. Hier findet der
Gasaustausch statt. Bei COPD
werden die Lungenbläschen
zerstört
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