

34 Esslinger Gesundheitsmagazin
2 2017
Erfolgs
Seit 2007 arbeiten Lungen-
spezialisten aus dem
Klinikum Esslingen und dem
Krankenhaus vom Roten
Kreuz in Bad Cannstatt im
Thoraxzentrum Esslingen
Stuttgart – TESS eng zusam-
men. Neben Krebserkrankun-
gen werden so auch alle
anderen schweren Lungen
erkrankungen interdisziplinär
behandelt – zum Vorteil der
Patienten.
Lungenkrebs gilt als eine besonders
tückische Krebserkrankung, weil sie häu-
fig erst sehr spät entdeckt wird und dann
nicht mehr heilbar ist. „Etwa 20 bis 30
Prozent der Patienten, bei denen wir
einen Lungentumor operieren, können
wir – meist in Verbindung mit einer
Chemo- oder einer Strahlentherapie –
von ihrer Krebserkrankung heilen“,
berichtet Professor Dr. Florian Liewald,
Chefarzt der Klinik für Gefäß- und Tho-
raxchirurgie in Esslingen. „Bei den übri-
gen 70 Prozent unserer Patienten ist der
Lungenkrebs dagegen für eine dauer-
hafte Heilung schon zu weit fortgeschrit-
ten und hat zudem oft bereits Metasta-
sen gebildet.“ Moderne Therapieverfahren
sorgen aber dafür, dass auch diese Pati-
enten mit ihrer Krebserkrankung immer
länger überleben. Dank der Zusammen-
arbeit der Ärzte im TESS mit seinem
angeschlossenen Lungenkrebszentrum
kann den Patienten eine optimale, indi-
viduelle Therapie angeboten werden.
Das Thoraxzentrum Esslingen Stuttgart
ist eines der wenigen standortübergrei-
fenden zertifizierten Lungenkrebszentren
in Deutschland. Einmal in der Woche fin-
det per Videokonferenz eine Zusammen-
kunft von Pneumologen, Thoraxchirurgen
Strahlentherapeuten, und Onkologen aus
dem Klinikum Esslingen, dem Kranken-
haus vom Roten Kreuz Bad Cannstatt und
dem Katharinenhospital Stuttgart statt
– das sogenannte Tumorboard.
Dabei werden Krankengeschichte und
Untersuchungsergebnisse jedes Lungen-
krebspatienten vorgestellt und die opti-
male Behandlungsstrategie festgelegt.
Rund 400 Lungenkrebs-Patienten werden
pro Jahr im TESS erstmals behandelt. Bei
etwa 120 ist eine Operation in der Tho-
raxchirurgie Teil der Therapie. Schonende,
minimalinvasive Operationstechniken
haben hier in den vergangenen Jahren für
große Behandlungsfortschritte gesorgt.
Die VATS-Lobektomie nennt Professor
Liewald als aktuelle innovative Methode,
bei der die Throaxchirurgen mit einem
videoassistierten System einen Lungen-
lappen besonders patientenschonend
entfernen können.
Aber auch die medikamentöse Therapie
konnte deutlich verbessert werden.
Neben der klassischen Chemotherapie
gewinnen Medikamente an Bedeutung,
die das Immunsystem der Patienten im
Kampf gegen die Krebszellen kräftig
unterstützen. Die an TESS beteiligten Kli-
niken bieten zudem mit über 20 Studien
weitere Behandlungsalternativen für
Patienten, bei denen ein-
geführte Therapien keine
Wirkung mehr zeigen.
Eine weitere schwere Lun-
genkrankheit hat sich
inzwischen zu einer Volks-
krankheit entwickelt: die
sogenannte chronisch obs-
truktive Lungenerkran-
kung, auch nach ihrem
englischen Namen abge-
kür z t COPD genannt .
Allein in Deutschland leiden drei bis fünf
Millionen Menschen darunter. Da vor
allem das Rauchen eine COPD auslöst,
wird die Erkrankung häufig auch als Rau-
cherlunge und eines der Hauptsymptome
als Raucherhusten bezeichnet. Die
Betroffenen leiden zudem unter Atemnot
und husten Sputum als Auswurf aus. Ziel
der Behandlung ist es, ein Fortschreiten
der Erkrankung zu verhindern oder zu ver-
langsamen. Dazu werden zunächst Medi-
kamente eingesetzt, die inhaliert werden.
Volkskrankheit COPD
Eine Erscheinungsform der COPD ist das
Lungenemphysem, ein irreversibler Ver-
lust an Lungengewebe. Dadurch wird zum
einen die Lungenoberfläche kleiner. Die
Lunge kann weniger Sauerstoff an das
Blut abgeben. Zum anderen verlieren die
Lungenflügel an Gewebespannung,
wodurch die kleinen Atemwege in der
Lunge beim Ausatmen kollabieren und die
eingeatmete Luft in der Lunge gefangen
bleibt. Die Patienten haben das Gefühl, an
der eigenen Atemluft zu ersticken. Sie
sind extrem kurzatmig und kaum noch zu
körperlichen Anstrengungen fähig, selbst
die Nahrungsaufnahme fällt schwer.
Auch hier erweist sich die Zusammenar-
beit der Mediziner im TESS als Vorteil.
„Ziel einer Behandlung ist es hier, die
Lebensqualität der Patienten zu erhöhen“,
berichtet Professor Dr. Martin Hetzel,
Chefarzt der Klinik für Pneumologie im
Bad Cannstatter Krankenhaus vom Roten
Kreuz. Eine Lungenvolumenreduktion gilt
dazu inzwischen als Methode der Wahl,
wenn konservative Methoden keine Wir-
kung mehr zeigen. Dabei wird das verän-
derte Lungengewebe entfernt oder aus-
geschaltet. Gute Erfolge erzielen dabei
chirurgische Verfahren, die von den Ess-
linger Thoraxchirurgen durchgeführt wer-
den. Auch zwei bronchoskopische Verfah-
ren – die Coil- und die Ventilimplantation
– sind beim Lungenemphysem wirksam.
Zahlreiche klinische Prüfungen haben die
Wirksamkeit der Methoden Ventil- und
Coilimplantation nachgewiesen. Deshalb
wurden diese Verfahren in die internati-
onalen Leitlinienempfehlungen zur Lun-
Professor Dr. Florian Liewald Professor Dr. Martin Hetzel