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Esslinger Gesundheitsmagazin 31
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aus Großmutters
Handtasche
Kinder sehen die Welt anders als Erwachsene – das weiß Dr. Giso
Behrwind, Oberarzt an der Klinik für Kinder und Jugendliche am
Klinikum Esslingen aus langjähriger Erfahrung. „Deshalb darf
man Eltern auch keinen Vorwurf machen, wenn ihre Kinder aus
Neugier die Tabletten der Großmutter geschluckt oder das lila
Spülmittel probiert haben.“ Denn häufig vergiftet sich das Kind
durch einen Zufall. Die Schachtel mit den Tabletten liegt in der
offenen Handtasche der Großmutter oder die Packung mit den
Schmerzmitteln frei zugänglich im Bad. Sobald die Kinder anfan-
gen zu krabbeln, steigt die Gefahr, dass sie sich unabsichtlich
vergiften. Auch die Tabs für die Spül- und Waschmaschine mit
ihren bunten Farben können für Kinder interessant sein. Ebenso
Putzmittel oder Rohrreiniger, die in bunten Flaschen abgefüllt
sind. „Zum Glück haben die Hersteller reagiert und die Deckel
mit einer Kindersicherung versehen“, sagt Dr. Behrwind. Trotz-
dem kann es dazu kommen, dass Kinder einen Schluck aus der
Flasche mit der Holzpolitur nehmen. Meist geschieht sowas,
wenn die Eltern beim Streichen durch das Klingeln des Telefons
abgelenkt werden, Kinder allein der Garage oder im Hobbyraum
spielen oder die Putzmittel nach dem Einkaufen nicht sofort
sicher verstaut werden. „Reinigungsmittel und ähnliches sollten
niemals in Getränkeflaschen umgefüllt werden, denn die Kinder
verstehen nicht, warum sie gerade aus dieser einen Flasche nicht
trinken dürfen“, sagt er.
Ruhe bewahren und Hilfe holen
Sollte das Kind aber dennoch mal eine giftige Substanz zu sich
genommen haben oder Eltern den Verdacht hegen, heißt es Ruhe
bewahren. Symptome für eine Vergiftung können weite Pupillen,
Unruhe und Benommenheit sein. „Bauchschmerzen sind zu
unspezifisch“, sagt Dr. Behrwind. Beim Verdacht auf eine Ver-
giftung mit Tabletten können Eltern selbst nachsehen, ob sich
Sie sehen aus wie Süßigkeiten oder sind in bunten Flaschen abge-
füllt – Gefahrenstoffe für Kinder. Dr. Giso Behrwind erklärt, was
Eltern bei einer Vergiftung beachten sollen.
noch Reste im Mund befinden und diese entfernen. In jedem
Fall ist es wichtig, dem Kind Wasser, Saft oder Tee zu geben, um
den Giftstoff zu verdünnen. In keinem Fall darf man das Erbre-
chen herbeiführen. „Säuren aus Putzmitteln können dabei die
Speiseröhre und die Atemwege erneut verätzen.“ Nach dem
Knabbern an Pflanzen bleiben manchmal Teile im Mund oder
Rachen stecken. Vermehrter Speichelfluss ist ein Anzeichen.
Dann müssen auch diese Teile entfernt werden.
Was tun bei einem Verdacht
auf eine Vergiftung?
• Ruhe bewahren
• Sichern Sie die giftige Substanz, Pflanze oder
Verpackung.
• Lassen Sie Ihr Kind in kleinen Schlucken Wasser, Tee
oder Saft trinken. Geben Sie ihm auf keinen Fall
Milch zu trinken. Denn das Fett in der Milch
beschleunigt die Giftaufnahme durch den Darm.
• Das Kind sollte nicht zum Erbrechen gebracht
werden.
• Es sollte kein Salzwasser verabreicht werden, um
das Erbrechen auszulösen.
• Kontaktieren Sie die Giftnotrufzentrale unter Telefon
0761 19240
. Schildern Sie den Mitarbeiten die
Symptome Ihres Kindes und woran es sich
möglicherweise vergiftet haben kann.
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Dr. Giso Behrwind