Ausgabe 1>2015 - page 12

12 Esslinger Gesundheitsmagazin
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Insulinpumpe: die neue Freiheit?
Seit einiger Zeit gibt es Pumpensysteme, die wie die Bauchspei-
cheldrüse rund um die Uhr kleine Mengen Insulin abgeben, um
den Grundbedarf des Körpers zu decken – den sogenannten
Basalbedarf. „Man versucht hier den Körper nachzuahmen“,
erklärt Dr. Kurz. Das zu den Mahlzeiten zusätzlich benötigte
Insulin, den Bolus, ruft der Pumpenträger per Knopfdruck ab.
Über einen dünnen Schlauch und eine Stahl- oder Teflonkanüle,
die im Unterhautfettgewebe – meist am Bauch – liegt, gelangt
es in den Körper. „Allerdings bleibt auch hier das regelmäßige
Messen des Blutzuckerspiegels nicht aus, das muss der Patient
weiterhin“, erklärt Dr. Gölz. Dennoch kann eine Insulinpumpe zu
mehr Lebensqualität und Freiheit im Alltag beitragen. Das Insu-
linspritzen mit dem Pen entfällt, stattdessen geben Patienten
den Insulinbedarf zu den Mahlzeiten per Knopfdruck ab. Auch
spontan Sport zu treiben oder Mahlzeiten einzunehmen, ist
möglich. Bei der Pumpe lässt sich die Insulinmenge ziemlich
genau dosieren, so dass die Werte in der Regel weniger stark
schwanken. Nachteilig ist, dass die Patienten ständig etwas am
Körper tragen müssen, bei einem Schwimmbadbesuch zum Bei-
spiel kann die Pumpe zwar kurzfristig entfernt, muss aber zwi-
schendurch immer mal wieder angekoppelt werden. „Problema-
tisch empfinde ich vor allem die Abhängigkeit von einem
technischen Gerät“, sagt Dr. Gölz. So müssen die Patienten im
Notfall weiterhin das Eigenmanagement des Blutzuckers beherr-
schen. Dennoch entscheiden sich immer mehr Typ 1-Diabetiker
für die Pumpe. „Bei Kleinkindern sowie bei Kindern und Jugend-
lichen mit einem ausgeprägtem Blutzuckeranstieg in den frühen
Morgenstunden, dem Dawn-Phänomen, hat die Pumpe große
Vorteile“, sagt Dr. Kurz. Aber auch schwangere Diabetikerinnen
profitieren davon.
Der große Traum:
ein System, das misst und spritzt
„Alle Diabetiker träumen von einem System, das gleichzeitig
misst und dann die entsprechende Menge Insulin abgibt“, sagt
Dr. Gölz. Die gute Nachricht: Dieses System gibt es bereits. „Das
sogenannte Closed Loop-System verbindet die Blutzuckermes-
sung mittels einem Sensor unter der Haut mit einer automatisch
gesteuerten Insulinpumpe“, erklärt der Facharzt. Das bedeutet
für jeden Diabetiker Freiheit. „Es bedarf nur noch drei bis vier
Messungen am Tag, um das Gerät zu kalibrieren.“ Die schlechte
Nachricht: Auch wenn derzeit eine Menge Studien laufen, wird
es wahrscheinlich noch fünf bis zehn Jahre dauern, bis solch ein
System zugelassen wird. Trotzdem ist die Erfüllung aller Hoff-
nungen von Typ 1-Diabetikern tatsächlich in realistische Nähe
gerückt.
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Kraft durch Glykolyse
Der Mensch braucht Kohlenhydrate (=Zucker) als Energie-
lieferanten. Fast alle Körperzellen nutzen Kohlenhydrate als
Energiequelle. Besonders das Gehirn deckt mit Kohlenhyd-
raten seinen Energiebedarf. Die Zuckerform, die zur Energie-
gewinnung gebraucht wird, ist Traubenzucker (Glukose).
Kohlenhydrate werden mit der Nahrung aufgenommen und
im Darm zu Glukose umgewandelt. Von dort gelangt die Glu-
kose ins Blut und wird im Körper verteilt. Die Umwandlung
zu Energie findet in den Körperzellen statt. Dort wird die
Glukose mithilfe von Sauerstoff „verbrannt“. Diesen Vorgang
nennt man Glykolyse. Aus einem Gramm Kohlenhydrate ent-
stehen dabei 4,1 Kilokalorien (kcal) beziehungsweise 17 Kilo-
joule (kJ).
Um in die Körperzellen zu gelangen, braucht die Glukose das
Hormon Insulin. Es dient als Türöffner in die Zelle. Insulin
wird in der Langerhansschen Inseln der Bauchspeicheldrüse
gebildet.
Beim Typ 1-Diabetes sind die Betazellen der Langerhansschen
Inselzellen zerstört. Ursache ist eine Autoimmunreaktion des
Körpers. Die Betazellen werden aus unbekanntem Grund als
feindlich angesehen und vom eigenen Immunsystem zerstört.
Typ 1-Diabetiker haben also kein eigenes Insulin. Der Zucker
bleibt im Blut, staut sich dort an, die Zellen bekommen keine
Glukose und können keine Energie produzieren.
Beim Typ 2-Diabetes dagegen reagieren die Körperzellen
zunehmend unempfindlich auf das Insulin. Sie erkennen es
nicht. Sprechen die Zellen nicht oder kaum auf Insulin an,
kann es seine Aufgabe nicht mehr ausreichend erfüllen. Über-
gewicht begünstigt diese Entwicklung, da Fettgewebe, ins-
besondere das Fettgewebe am Bauch, Botenstoffe ausschüt-
tet, die eine Insulinresistenz fördern. Bewegungsmangel
verstärkt vor allem bei Muskelzellen die Insulinresistenz. Der
Körper reagiert mit einer verstärkten Insulinproduktion bis
auch hier die Inselzellen erschöpfen.
Klinik für Allgemeine Innere
Medizin, Onkologie /
Hämatologie, Gastroenterologie
und Infektiologie
Dr. Ursula Kurz
Diabetologin
Klinikum Esslingen
Hirschlandstraße 97
73730 Esslingen a.N.
Diabetes-Schwerpunkt-
Praxis Esslingen
Dr. Stefan Gölz
Schelztorstraße 42
73728 Esslingen
Telefon 0711 93306630
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