

2 2016
Esslinger Gesundheitsmagazin 25
So reist Professor Kühn immer wieder
nach Äthiopien, um die Frauen zu operie-
ren. Mit weiteren Kollegen aus Deutsch-
land hat er ein Netzwerk mit den medizi-
nischen Hochschulen in Äthiopien
aufgebaut und bildet Mediziner in gynä-
kologischen Operationstechniken vor Ort
aus. Denn: „Operieren muss man nur kön-
nen, da braucht es nicht viel Geld für eine
gute medizinische Versorgung.“ Die
hohen medizinischen Standards, die in
Deutschland gelten, müssen Professor
Kühn und seine deutschen Kollegen in
Äthiopien zurückschrauben. Andererseits
sei es erstaunlich, mit welch einfachen
Mitteln und viel Improvisationstalent
gute Behandlungsergebnisse erzielt wer-
den können. „Es wird bei uns viel über
kulturellen Dissens geredet, dabei ist es
so wichtig, einen Konsens zwischen Men-
schen aus unterschiedlichen Kulturen zu
finden“, sagt Professor Kühn.
Hilfe für Ghana
Der Chirurg Jacob Yangyuoru dagegen
kommt aus Afrika. Er ist in Ghana gebo-
ren, hat dort seine medizinische Ausbil-
dung begonnen. Seit acht Jahren lebt er
in Deutschland und ist inzwischen auch
familiär in Esslingen verwurzelt. Vor
einem Jahr hat er im Klinikum Esslingen
seine Facharztausbildung für allgemeine
Chirurgie abgeschlossen und arbeitet in
der Klinik für Allgemein- und Viszeralchi-
rurgie. Jedes Jahr reist er mit einem Ärz-
teteam der humanitären Organisation
Interplast-Germany in den Norden seines
Heimatlandes Ghana, um dort Operatio-
nen durchzuführen, die Ärzte vor Ort
nicht ausführen können. „Ich will meinem
Land etwas zurückgeben“, beschreibt er
seine Motivation. Jacob Yangyuoru und
sein Team operieren unter anderem häu-
fig enorm vergrößerte Schilddrüsen, die
in dem Jodmangelgebiet bei manchen
Patienten zu großen Kröpfen angewach-
sen sind. „In dieser besonders armen
Region Ghanas gibt es im Umkreis von
400 Kilometern keinen Chirurgen, der
diese Operationen ausführen könnte.“ 80
bis 100 Patienten operiert das Interplast-
OP-Team, das aus mehreren Chirurgen
und Anästhesisten besteht, bei ihren jähr-
lichen Einsätzen in Ghana.
Behandlung in Esslingen
Professor Dr. Jürgen Degreif geht einen
anderen Weg. Der Chefarzt der Klinik für
Unfallchirurgie und Orthopädie operiert
kostenlos Kinder aus Krisengebieten, die
von der Organisation Friedensdorf Inter-
national vermittelt werden. Vor zwei Jah-
ren hatte Professor Degreif bereits einen
kleinen Jungen aus Usbekistan operiert,
der unter den Folgen schwerer Verbren-
nungen litt. Im Oktober letzten Jahres
kam ein Siebenjähriger aus Afghanistan
ins Klinikum Esslingen, dessen Finger der
linken Hand einschließlich des Daumens
miteinander verwachsen waren. In zwei
aufwändigen Operationen trennte der
ausgewiesene Handchirurg die Finger.
„Dazu mussten wir Haut verpflanzen, die
wir an der Leiste entnommen hatten“,
berichtet Professor Degreif. „Außerdem
mussten Nerven und Gefäße den einzel-
nen Fingern zugeordnet werden, um einen
gute Funktion zu gewährleisten.“ Nach
der ersten Operation im Oktober folgte
die zweite im Dezember. Im März dieses
Jahres konnte der Junge nach der letzten
Nachuntersuchung mit funktionsfähiger
Hand wieder nach Hause reisen. „Der
Junge war ganz allein bei uns und durfte
während der Behandlungsdauer in der Kli-
nik bleiben.“ Die Behandlungs- und Auf-
enthaltskosten hat das Klinikum Esslingen
übernommen.
so
Hier können Sie
das Engagement der
drei Esslinger Ärzte
unterstützen:
Prof. Kühn
Äthiopienprojekt
Arbeitsgemeinschaft
Gynäkologische Onkologie (AGO) e.V.
www.ago-online.deSpendenkonto:
Stadtsparkasse München,
IBAN DE56701500000012257051,
Stichwort »Projekt Äthiopien«
Jacob Yangyuoru
Ghana
Interplast Germany
www.interplast-germany.deSpendenkonto:
Bank für Sozialwirtschaft,
IBAN DE52550205000008666000
Prof. Degreif
Friedensdorf International
Oberhausen
Spendenkonto:
Stadtsparkasse Oberhausen,
IBAN DE59 3655 0000 0000 1024 00
Professor Jürgen Degreif hat den Jungen
aus Afghanistan operiert
„Es wird bei uns viel über
kulturellen Dissens geredet,
dabei ist es so wichtig,
einen Konsens zwischen
Menschen aus unterschiedli-
chen Kulturen zu finden.“