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30 Esslinger Gesundheitsmagazin

2 2016

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Die Möglichkeiten des Hausarztes, die

Schaufensterkrankheit zu behandeln,

sind eingeschränkt. Ganz oben steht

das Gehtraining. Die Betroffenen sollen

so lange gehen, bis der Schmerz auf-

tritt, dann stehenbleiben, bis er nach-

gelassen hat, und danach erst weiter-

gehen. „Man sollte sich nie durch den

Schmerz hindurchbeißen“, warnt Dr.

Graneis. Das Gehtraining bewirke, dass

sich viele kleine Umgehungsadern,

sogenannte Kollateralen, um die ver-

schlossene Arterie bilden, die das Bein

so weiterhin mit Sauerstoff versorgen. Wer in den Schmerz

hineinlaufe, verhindere das. Auch Fahrradfahren oder Laufen

tue den Patienten meist gut. Das rät der Allgemeinmediziner

auch denjenigen, bei denen nur ein Risiko für eine arterielle

Verschlusskrankheit bestehe. Denn wer sich viel bewegt, hat

ein geringeres Risiko, an der Schaufensterkrankheit zu erkran-

ken, weil dadurch eben diese Umgehungskreisläufe entstehen.

Zudem verschreibt der Hausarzt seinen Patienten niedrig

dosierte Acetylsalicylsäure (ASS). Das verbessere die Fließfä-

higkeit des Blutes. Von anderen frei verkäuflichen Präparaten

rät er „wegen nicht erwiesener Wirkung“ ab. Oberstes Gebot ist

für die Patienten, die Risikofaktoren auszuschalten, sind sich

Professor Liewald und Dr. Graneis einig. „Wer mit dem Rauchen

aufhört und sich viel Bewegung verschafft, kann unter Umstän-

den lange relativ gut mit der Krankheit leben.“ Ein echter Notfall

liegt vor, wenn ein akuter Gefäßverschluss auftritt. Darauf deu-

ten plötzlich einsetzende, schwere Schmerzen und ausgeprägte

Blässe an den betroffenen Gliedmaßen hin, Gefühlsstörungen

und Bewegungsunfähigkeit. Hier gilt es, unverzüglich den Not-

arzt zu rufen.

Grenzen der Behandlung

Doch auch wenn kein akuter Notfall besteht, hat die ambulante

Behandlung ihre Grenzen. Verschlechtert sich die Krankheit in

kurzer Zeit stark oder ist die Gehtrecke des Patienten drastisch

eingeschränkt, sei die Behandlung durch den Hausarzt an ihrem

Ende angelangt, betont Dr. Graneis. Auch wenn ein Bein blass

werde, deute dies auf eine starke Durchblutungsstörung hin.

Dann überweist er seine Patienten in eine Klinik.

Dort stehen seinem Kollegen Professor Liewald weitere Unter-

suchungsmöglichkeiten zur Verfügung. Dazu gehören die

Duplex-Sonographie, ein spezieller Ultraschall, die Kernspin-

Angiographie, eine Gefäßdarstellung mittels Kernspintomograph

oder eine Untersuchung durch Katheter. „Man muss zudem

abklären, ob die Beschwerden von den Gefäßen oder der Wir-

belsäule kommen, weil die Symptome ähnlich sein können“, sagt

Professor Liewald.

Der Chirurg macht aber auch klar: „Nicht jeder Gefäßverschluss

muss gleich operiert werden.“ Auch für ihn steht die Langzeit-

medikation durch Mittel, die die Verklumpung der Blutplättchen

verhindern oder zur Blutverdünnung führen, kombiniert mit

Blutfettsenkern und Gehtraining im Vordergrund. Erst wenn dies

nicht mehr helfe, seien andere Therapien angebracht. So gebe

es die Möglichkeit, die verengten Gefäße mit Hilfe eines Ballon-

katheders auszudehnen, und dabei zugleich ein Medikament in

die Adern einzubringen. Auch eine Gefäßstütze, ein sogenannter

Stent, der ebenfalls ohne Operation eingeführt werden kann,

kommt in Frage. Manchmal aber ist auch eine Bypass-Operation

nötig. Bei der Bypass-Operation wird quasi eine Umleitung um

einen längeren Gefäßverschluss angelegt, um die betroffene

Stelle zu umgehen.

Letzte Möglichkeit – OP

„Die Art des Verfahrens richtet sich danach, wie lang die ver-

engte Stelle ist, wo sie sitzt und ob das Blut gut abfließen kann“,

erklärt Professor Liewald. Der Arzt unterscheide außerdem, ob

es sich um eine Einengung, eine Stenose, oder einen Verschluss

der Gefäße handelt und wo die betroffene Stelle sitzt. Befindet

sie sich beispielsweise im Bereich des Beckens, komme eine

Ausdehnung, das Setzen eines Stents oder eine OP in Betracht.

Bei der Operation wird das Gefäß geöffnet, die Ablagerungen

entfernt und dann mit einer Art Flicken wieder verschlossen oder

es wird ein Bypass gelegt. Sei der Bereich von Oberschenkel oder

Unterschenkel betroffen, würden keine Stents gesetzt, sondern

die Gefäße gedehnt oder operiert. „Auch hier ist aber manchmal

eine Behandlung ohne Eingriff durch Gehtraining und Medika-

mente möglich“, betont Professor Liewald. Die jährlichen Kont-

rollen nach der Behandlung könnten dann auch niedergelassene

Ärzte machen.

„Wer mit dem Rauchen aufhört und

sich viel Bewegung verschafft,

kann unter Umständen lange relativ

gut mit der Krankheit leben.“