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2 2017

Esslinger Gesundheitsmagazin 23

Notfälle sind für die medizinischen Mitarbeiter immer auch

Stresssituationen. Um die richtig bewältigen zu können und

dem Patienten dabei die richtige Hilfe zukommen zu lassen,

trainieren die Mitarbeiter Notfälle in Notfallsimulationen. Am

Klinikum Esslingen sind Dr. Martin Kerner und Angelika

Androsch aus der Abteilung Anästhesie dafür verantwortlich,

dass alle zwei Jahre, so schreibt es das Klinikum Esslingen vor,

die medizinischen Mitarbeiter eine solche Schulung besuchen.

Beide, Dr. Kerner als ärztliche und Angelika Androsch als pfle-

gerische Leitung, organisieren und koordinieren das Notfallsi-

mulationsteam.

„Training ist wichtig, denn bei einem Notfall muss nicht nur

jeder Handgriff sitzen, sondern es müssen auch die Kommuni-

kationswege genau definiert sein. Scheitert die Kommunikation

unter den Notfallkräften, ist das keine gute Voraussetzung für

die Behandlung des Patienten“, erklärt Angelika Androsch.

Darum werden in den Simulationen nicht nur die einzelnen

medizinischen Schritte geübt, sondern auch die Kommunikation

des Ärzte- und Pflegeteams analysiert.

Praxisnähe dank Großspende

Angelika Androsch erinnert sich noch an die Anfänge der Trai-

nings. „Vor 17 Jahren haben wir in Esslingen begonnen, regel-

mäßig Reanimationskurse anzubieten, seit 2004 machen wir

die erweiterten Notfallsimulationen.“ Die ersten dieser Art fan-

den auf der Kinderstation statt, mit einer Babypuppe auf einem

Servier- anstatt Notfallwagen. Heute ist freilich alles viel pro-

fessioneller, nicht zuletzt dank der finanziellen Unterstützung

des Fördervereins des Klinikums Esslingen, „proklinikum“. Mehr

als 31.000 Euro und damit die Hälfte der Gesamtkosten, inves-

tierte der Verein in die Anschaffung hochmoderner Notfallsi-

„Training ist

wichtig, denn bei

einem Notfall

muss nicht nur

jeder Handgriff

sitzen, sondern es

müssen auch die

Kommunikations­

wege genau defi­

niert sein.“

Klinikum Esslingen

Klinik für Anästhesieologie und operative

Intensivmedizin

Facharzt Dr. Martin Kerner

m.kerner@klinikum-esslingen.de

mulationstechnik. Dazu gehören ein Kameraüberwachungssys-

tem, individuell steuerbare Patientenmonitore und eine

Notfallsimulationssoftware.

„Die Geräte sind uns eine große Hilfe. Wir können unsere Kol-

leginnen und Kollegen damit viel praxisnäher trainieren“, erklärt

Dr. Kerner und berichtet, was die neue Technik alles kann.

„Unsere Trainingspuppen werden an den Patientenmonitor ange-

schlossen, ganz wie im echten Leben. Von einem anderen Zim-

mer aus kann ich nun mit einem Computer die Körperfunktionen

der Puppe auf dem Patientenmonitor steuern.“ Während Puls

und Herzschlag bei der Puppe zunächst noch normal sind,

schnellen sie plötzlich in die Höhe und Kammerflimmern setzt

ein. „Jetzt kommen auch die Videoüberwachungssysteme zum

Einsatz. Wir beobachten vom anderen Zimmer aus jeden Hand-

griff der Akteure. Und was noch wichtiger ist, wir hören genau

was sie sagen, erfahren also, wie Entscheidungen zur Behand-

lung getroffen werden.“ Nach jeder Simulation folgt eine Aus-

wertung, die von Dr. Kerner und Angelika Androsch moderiert

wird. „Für die Nachbereitung wird immer im Vergleich zu Simu-

lation das Dreifache an Zeit eingeplant. Wir schauen uns das

Behandlungsvideo an und analysieren die Entscheidungs- und

Kommunikationsprozesse. Das Behandlungsteam erarbeitet

dann Strategien, wie künftige Notfallkommunikation noch bes-

ser und effektiver gestaltet werden kann.“

Die regelmäßigen Trainings zeigen ihre Wirkung. „Von Kollegen

aus dem Haus bekommen wir die Rückmeldung, dass sich nach

der Schulung viel zum Besseren verändert habe.“ Das freut

natürlich Dr. Kerner und Angelika Androsch, denn die Durchfüh-

rung, Vorbereitung und Nachbereitung der Schulungen über-

nehmen die beiden außerhalb ihrer Dienstzeit. Viel persönlichen

Einsatz stecken sie hinein, wenn es um die Steigerung der Pati-

entensicherheit am Klinikum Esslingen geht. „Aber zum Glück

machen wir nicht alles nur zu zweit. Unser Team umfasst 20

Kolleginnen und Kollegen aus allen medizinischen Disziplinen.“

Gut so, denn die interdisziplinäre Zusammensetzung gewähr-

leistet auch bedarfsgerechte Schulungsübungen und Methoden.

Notfalldarsteller für den Schockraum

„Kollegen der Gynäkologie können bei uns Kaiserschnitte trai-

nieren, für Hebammen planen wir derzeit Schulungen zu Not-

geburten.“ Einen Trainingsbabybauch dafür gibt es schon. „Wir

können sogar Kunstblut in den Bauch füllen, um die Geburt

noch realitätsgetreuer simulieren zu können.“ Noch mehr

Kunstblut kommt bei der Schockraumsimulation zum Einsatz.

Dafür kommen extra ausgebildete Notfalldarsteller des Roten

Kreuzes ans Klinikum. Da sie meist aus medizinischen Berufen

kommen und wissen, welche Komplikationen bei Notfällen auf-

treten können, steigern sie nochmals die Realitätsnähe der Trai-

nings. „Vor uns liegt dann ein echter Mensch und keine Puppe.

Das ist dann wirklich fast wie im echten Leben“, sagt Dr. Kerner

abschließend.

fw