

Aber es gibt auch die schweren Verläufe. Patienten, bei denen
die Basistherapie kaum Wirkung zeigt, die häufig mit Krank-
heitsschüben ausfallen und die Nebenwirkungen der Cortison-
therapie mit zum Beispiel Gewichtszunahme, Herzrasen und
Schlafstörungen oder Osteoporose zu spüren bekommen. Die
nächste Behandlungsstufe sind dann Immunsuppressiva, Medi-
kamente, die das Immunsystem beeinflussen, und so die Akti-
vität der Erkrankung reduzieren sollen. „Der hier am häufigsten
eingesetzte Wirkstoff Azathioprin hat allerdings eine verzögerte
Wirkung von acht bis zwölf Wochen. So lange müssen die Pati-
enten geduldig sein und zusätzlich mit Steroiden behandelt wer-
den.“ Dann aber wirke das Mittel häufig gut. Allerdings könne
es in manchen Fällen auch zu nicht unerheblichen Nebenwir-
kungen, wie Bauchspeicheldrüsen- und Leberentzündungen oder
Blutbildveränderungen, kommen, sagt Dr. Meinikheim.
„Die nächste Behandlungsstufe ist die sogenannte Antikörper-
therapie“, erläutert Dr. Vogt. Diese sehr speziellen Medikamente
können zum Beispiel ein wichtiges Entzündungshormon blockie-
ren, das für die Darmentzündungen verantwortlich ist. „Die
Wirksamkeit dieser Therapie ist belegt, allerdings sprechen nicht
alle Patienten darauf an.“ Hinzu kommt, dass die Medikamente
sehr teuer sind. Ein weiterer Antikörper, der im Darm selektiv
das Immunsystem blockiert, sei zudem seit etwa zwei Jahren
verfügbar. Darüber hinaus bietet die medizinische Forschung
eine ganze Reihe neuer Ansätze, deren Wirksamkeit in Studien
untersucht werde. Ein Durchbruch hin zur Heilung der Erkran-
kungen ist aber noch nicht in Sicht.
Die meisten Therapien werden ambulant durchgeführt. Nur bei
sehr schweren Schüben kann eine stationäre Behandlung im
Krankenhaus notwendig sein. Eine längerdauernde intravenöse
Medikamentengabe, die Notwendigkeit den Darm ruhig zu stel-
len und eine damit verbundenen künstliche Ernährung, nennt
Dr. Vogt als Beispiele.
Entfernung des Dickdarms
als letzte Option bei Colitis ulcerosa
Wenn weder eine angepasste Lebensweise noch Medikamente
Erfolg zeigen, bleibt bei Colitis ulcerosa zudem die Möglichkeit,
den gesamten Dickdarm in einer Operation zu entfernen. Aus
der letzten Dünndarmschlinge wird dabei ein sogenannter Pouch
gebildet, der die Rolle des Dickdarms zum Teil übernimmt. „Da
der gesamte erkrankte Bereich entfernt wird, sind die meisten
Patienten danach dauerhaft geheilt“, erklärt Dr. Vogt. Früher sei
diese sehr umfangreiche Operation sehr früh empfohlen worden,
weil befürchtet wurde, dass durch Colitis ulcerosa das Krebsri-
siko deutlich zunehme. „Heute werden meist zunächst alle medi-
kamentösen Möglichkeiten ausgeschöpft, so dass nur noch einer
Minderheit der Patienten die Operation empfohlen wird.“ Wenn
beimMorbus Crohn operiert werden muss, versucht man, mög-
lichst wenig Darm zu entfernen, da der Patient durch die Ope-
ration nicht geheilt ist. Die Erkrankung kann wieder auftreten,
daher sind postoperative Kontrollen wichtig, um einen Rezidiv
(Rückfall) früh zu erkennen.
„Bei chronischen Erkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis
ulcerosa kommt es vor allem darauf an, die Lebensqualität der
Patienten zu erhalten und zu verbessern“, sagt Dr. Vogt. Und das
kann dann auch bedeuten, einer jungen Frau eine Schwanger-
schaft zu ermöglichen. „Hier gilt es, differenziert abzuwägen.“
Geht es der Frau gut, sei gegen eine Schwangerschaft nichts
einzuwenden. Bei Schwangerschaftswunsch ist das Gespräch
mit dem Gastroenterologen sehr wichtig, um zu besprechen,
welche Therapie in der Schwangerschaft fortgeführt werden
kann. Auf keinen Fall sollte eine Therapie eigenständig beendet
werden, denn ein erneuter Schub in der Schwangerschaft
gefährdet die Entwicklung des ungeborenen Kindes. Im Prinzip
aber sei auch für Patientinnen mit einer chronisch entzündlichen
Darmerkrankung eine Schwangerschaft bei guter Begleitung
durch einen Gastroenterologen möglich.
so
Dr. Wolfgang Vogt
Dr. Marc A. Meinikheim
2 2016
Esslinger Gesundheitsmagazin 9
„Bei chronischen Erkran-
kungen wie Morbus
Crohn und Colitis ulce-
rosa kommt es vor allem
darauf an, die Lebens-
qualität der Patienten
zu erhalten und zu ver-
bessern.“
Klinik für Allgemeine Innere
Medizin, Onkologie /
Hämatologie, Gastroenterologie
und Infektiologie
Leitender Oberarzt
Dr. Wolfgang Vogt
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Schwerpunktpraxis für
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