Background Image
Table of Contents Table of Contents
Previous Page  9 / 52 Next Page
Basic version Information
Show Menu
Previous Page 9 / 52 Next Page
Page Background

Aber es gibt auch die schweren Verläufe. Patienten, bei denen

die Basistherapie kaum Wirkung zeigt, die häufig mit Krank-

heitsschüben ausfallen und die Nebenwirkungen der Cortison-

therapie mit zum Beispiel Gewichtszunahme, Herzrasen und

Schlafstörungen oder Osteoporose zu spüren bekommen. Die

nächste Behandlungsstufe sind dann Immunsuppressiva, Medi-

kamente, die das Immunsystem beeinflussen, und so die Akti-

vität der Erkrankung reduzieren sollen. „Der hier am häufigsten

eingesetzte Wirkstoff Azathioprin hat allerdings eine verzögerte

Wirkung von acht bis zwölf Wochen. So lange müssen die Pati-

enten geduldig sein und zusätzlich mit Steroiden behandelt wer-

den.“ Dann aber wirke das Mittel häufig gut. Allerdings könne

es in manchen Fällen auch zu nicht unerheblichen Nebenwir-

kungen, wie Bauchspeicheldrüsen- und Leberentzündungen oder

Blutbildveränderungen, kommen, sagt Dr. Meinikheim.

„Die nächste Behandlungsstufe ist die sogenannte Antikörper-

therapie“, erläutert Dr. Vogt. Diese sehr speziellen Medikamente

können zum Beispiel ein wichtiges Entzündungshormon blockie-

ren, das für die Darmentzündungen verantwortlich ist. „Die

Wirksamkeit dieser Therapie ist belegt, allerdings sprechen nicht

alle Patienten darauf an.“ Hinzu kommt, dass die Medikamente

sehr teuer sind. Ein weiterer Antikörper, der im Darm selektiv

das Immunsystem blockiert, sei zudem seit etwa zwei Jahren

verfügbar. Darüber hinaus bietet die medizinische Forschung

eine ganze Reihe neuer Ansätze, deren Wirksamkeit in Studien

untersucht werde. Ein Durchbruch hin zur Heilung der Erkran-

kungen ist aber noch nicht in Sicht.

Die meisten Therapien werden ambulant durchgeführt. Nur bei

sehr schweren Schüben kann eine stationäre Behandlung im

Krankenhaus notwendig sein. Eine längerdauernde intravenöse

Medikamentengabe, die Notwendigkeit den Darm ruhig zu stel-

len und eine damit verbundenen künstliche Ernährung, nennt

Dr. Vogt als Beispiele.

Entfernung des Dickdarms

als letzte Option bei Colitis ulcerosa

Wenn weder eine angepasste Lebensweise noch Medikamente

Erfolg zeigen, bleibt bei Colitis ulcerosa zudem die Möglichkeit,

den gesamten Dickdarm in einer Operation zu entfernen. Aus

der letzten Dünndarmschlinge wird dabei ein sogenannter Pouch

gebildet, der die Rolle des Dickdarms zum Teil übernimmt. „Da

der gesamte erkrankte Bereich entfernt wird, sind die meisten

Patienten danach dauerhaft geheilt“, erklärt Dr. Vogt. Früher sei

diese sehr umfangreiche Operation sehr früh empfohlen worden,

weil befürchtet wurde, dass durch Colitis ulcerosa das Krebsri-

siko deutlich zunehme. „Heute werden meist zunächst alle medi-

kamentösen Möglichkeiten ausgeschöpft, so dass nur noch einer

Minderheit der Patienten die Operation empfohlen wird.“ Wenn

beimMorbus Crohn operiert werden muss, versucht man, mög-

lichst wenig Darm zu entfernen, da der Patient durch die Ope-

ration nicht geheilt ist. Die Erkrankung kann wieder auftreten,

daher sind postoperative Kontrollen wichtig, um einen Rezidiv

(Rückfall) früh zu erkennen.

„Bei chronischen Erkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis

ulcerosa kommt es vor allem darauf an, die Lebensqualität der

Patienten zu erhalten und zu verbessern“, sagt Dr. Vogt. Und das

kann dann auch bedeuten, einer jungen Frau eine Schwanger-

schaft zu ermöglichen. „Hier gilt es, differenziert abzuwägen.“

Geht es der Frau gut, sei gegen eine Schwangerschaft nichts

einzuwenden. Bei Schwangerschaftswunsch ist das Gespräch

mit dem Gastroenterologen sehr wichtig, um zu besprechen,

welche Therapie in der Schwangerschaft fortgeführt werden

kann. Auf keinen Fall sollte eine Therapie eigenständig beendet

werden, denn ein erneuter Schub in der Schwangerschaft

gefährdet die Entwicklung des ungeborenen Kindes. Im Prinzip

aber sei auch für Patientinnen mit einer chronisch entzündlichen

Darmerkrankung eine Schwangerschaft bei guter Begleitung

durch einen Gastroenterologen möglich.

so

Dr. Wolfgang Vogt

Dr. Marc A. Meinikheim

2 2016

Esslinger Gesundheitsmagazin 9

„Bei chronischen Erkran-

kungen wie Morbus

Crohn und Colitis ulce-

rosa kommt es vor allem

darauf an, die Lebens-

qualität der Patienten

zu erhalten und zu ver-

bessern.“

Klinik für Allgemeine Innere

Medizin, Onkologie /

Hämatologie, Gastroenterologie

und Infektiologie

Leitender Oberarzt

Dr. Wolfgang Vogt

Koordinator des Darmzentrums

Telefon 0711 3103-2463

w.vogt@klinikum-esslingen.de

Klinikum Esslingen

Hirschlandstraße 97

73730 Esslingen

Schwerpunktpraxis für

Kardiologie, Gastroenterologie

und Innere Medizin

Dr. Marc A. Meinikheim

Facharzt für Innere Medizin,

Gastroenterologie

Plochinger Straße 81

73730 Esslingen

Telefon 0711 314242

meinikheim@ikg-esslingen.de