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Esslinger Gesundheitsmagazin 17
dauert etwa zwei Minuten.
Die Behandlung hat keine
Nebenwirkungen. „Die Patien-
ten fühlen sich nicht unwohl
und es treten mit modernen
Geräten keine Hautreizungen
auf“, sagt Dr. Bottke. Aller-
dings können die Schmerzen
vorübergehend etwas zuneh-
men – ein Zeichen, dass etwas
passiert. Die schmerzlin-
dernde Wirkung tritt in der
Regel nach vier bis zwölf
Wochen ein. „Da braucht man ein wenig Geduld.“ Sollten die
ersten Bestrahlungen nicht ausreichen, ist nach drei bis vier
Monaten eine zweite Bestrahlungserie möglich.
Die Strahlentherapie lindert die Symptome, obwohl die eigent-
liche Ursache, zum Beispiel der Fersensporn oder der Gelenk-
schaden, erhalten bleibt. Die Strahlen hemmen und unterdrücken
die Entzündung. Bei jeder Entzündung heften sich zunächst
weiße Blutkörperchen, auch Leukozyten genannt, aus dem Blut
am die Innenwände der Gefäße an. Die Leukozyten besitzen dazu
spezielle Moleküle. Die Strahlen zerstören diese sogenannten
Adhäsionsmoleküle, bevor die Leukozyten durch die Gefäßwand
in das entzündete Gewebe eindringen, und unterbrechen somit
die Entzündungskaskade. Die niedrig dosierten Strahlen redu-
zieren die Anzahl der weißen Blutkörperchen und der Entzün-
dungszellen. Zudem wird die Sekretion von Stoffen vermindert,
die zu Schwellungen und Schmerzen führen.
aw
„Bei 80 Prozent der Patienten kommt es in der Folge zu einer
deutlichen Schmerzreduktion. Diese Behandlungsmethode ist
fast so alt wie der Einsatz von Röntgenstrahlen, doch häufig
fehlt das Wissen in der betroffenen Bevölkerung. Viele Patien-
ten werden erst durch Zufall auf die Strahlentherapie aufmerk-
sam“, erklärt Dr. Bottke.
Das Team der Strahlentherapie am Klinikum Esslingen bestrahlt
Patienten, die zum Beispiel einen Fersensporn haben, unter
Schultergelenkentzündungen leiden, Arthrosen oder einen Ten-
nis- oder Golferellenbogen haben. „Der Leidensdruck der Pati-
enten ist oft hoch, da ihre Lebensqualität durch die chronischen
Schmerzen stark beeinträchtigt ist“, sagt Dr. Bottke. Durch die
Schmerzen im Fuß, Knie oder in der Hüfte können die Betroffe-
nen nicht mehr richtig laufen und durch die Entzündung im
Ellenbogen- oder Schultergelenk fallen alltägliche Bewegungen
wie das Anziehen schwer.
Die Behandlung ist nebenwirkungsfrei
Bevor die Patienten in der Strahlentherapie behandelt werden,
kommt in der Regel eine Reihe anderer Therapien zum Zuge. Je
nach Erkrankungen wird durch Physiotherapie, Salbenverbände,
Wärme- und Kälteanwendungen, Elektrotherapie, Stoßwellen-
behandlung, Akupunktur und Ruhigstellung versucht, die für die
Schmerzen ursächliche Entzündung zu behandeln. Auch die
Behandlung mit entzündungshemmenden Medikamenten und
Kortisonspritzen gehört dazu. „Einige Patienten haben über
Jahre alles Mögliche versucht, ohne wirklich eine Linderung zu
verspüren“, sagt er. Die Strahlentherapie ist oft die letzte Mög-
lichkeit, bevor operative Verfahren zum Einsatz kommen. Die
schmerzhaften Entzündungen entstehen oft durch Abnutzung
und Fehlbelastungen. Es ist eine typische Alterserkrankung;
dementsprechend ist auch der Altersdurchschnitt der Patienten.
Dennoch können auch jüngere Patienten betroffen sein. Bei-
spielsweise leiden etwa zehn Prozent aller Läufer unter einer
Entzündung der Sehnenplatte der Fußsohle oder einem Fersen-
sporn.
Für die Strahlentherapie ist lediglich eine Überweisung von
Hausarzt oder einem niedergelassenen Orthopäden nötig. Die
Kosten trägt die Krankenkasse. Nach einem ausführlichen
Gespräch mit dem Patienten wird ein Bestrahlungsplan erstellt.
Im MVZ Klinikum Esslingen erfolgt die Bestrahlung am Linear-
beschleuniger. „Das ist insbesondere bei größeren Gelenken von
Vorteil und schont die Haut, da sich die Dosis erst in einer gewis-
sen Tiefe aufbaut.“ Zunächst werden mit einer Computertomo-
graphie (CT) Bilder vom zu bestrahlenden Bereich erstellt. „Beim
CT wird der Körper virtuell in Scheiben geschnitten. Diese Bilder
und Daten nutzen wir, um die Dosisverteilung exakt zu berech-
nen“, erklärt Dr. Bottke. Dadurch, dass nur der erkrankte Bereich
bestrahlt wird, bleibt die Strahlenbelastung sehr gering. „Mit der
Behandlung von bösartigen Tumoren kann man das nicht ver-
gleichen.“ Bei der Bestrahlung von gutartigen Erkrankungen wird
bis zu einer Gesamtdosis von drei Gy (Gray) bestrahlt. Die Strah-
lenbelastung bei der Behandlung eines Kniegelenkes entspricht
dabei ungefähr der einer Computertomographie des Bauchrau-
mes oder der Dosis, der jeder Mensch innerhalb von zehn Jahren
durch die natürliche Strahlenexposition ausgesetzt ist. Zum
Vergleich: um Tumorzellen zu zerstören, beträgt die Gesamtdosis
bis zu 80 Gy.
Die Patienten mit gutartigen Erkrankungen werden drei Wochen
lang zwei Mal pro Woche bestrahlt. Die einzelne Bestrahlung
Dr. Dirk Bottke
Bestrahlung zur Gynäkomastieprophylaxe
Zur Behandlung des Prostatakrebses erhalten viele betroffene
Männer eine antihormonelle Behandlung, die das Wachstum
der hormonabhängigen Tumorzellen hemmen soll. Mögliche
Nebenwirkungen dieser Therapie sind Hitzewallungen und
die Vergrößerung der männlichen Brust (Gynäkomastie).
Neben den optischen Beeinträchtigungen leiden diese Männer
insbesondere unter Berührungsempfindlichkeit. „Schon das
Tragen der Kleidung kann als sehr unangenehm empfunden
werden“, sagt Dr. Bottke. Durch die fünfmalige Bestrahlung
vor Beginn der Hormontherapie können das Anschwellen
der Brust und die Schmerzen in vielen Fällen verhindert
oder zumindest deutlich abgeschwächt werden. Auch hier
treten durch die Strahlentherapie keine Nebenwirkungen auf.
Fachbereich Strahlentherapie
und Radioonkologie im
Medizinischen Versorgungs-
zentrum (MVZ) Esslingen im
Klinikum Esslingen
Leitender Arzt
PD Dr. Dirk Bottke
Hirschlandstraße 97
73730 Esslingen
Sekretariat
Seval Demir
Telefon 0711 3103-3330
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d.bottke@
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