Ausgabe 1>2014 - page 46

46 Esslinger Gesundheitsmagazin
1 2014
Der umfangreiche Vertrag mit mehreren
Anhängen regelt die Aufgaben, Rechte
und Pflichten der Beteiligten bis ins
Detail. Ziel ist es, eine gute Qualität der
hausärztlichen Versorgung sicherzustel-
len. Nicht alles hat sich dabei in der Pra-
xis als gut und sinnvoll erwiesen. Zweimal
im Jahr finden daher Treffen der Koope-
rationspartner vor Ort statt, bei denen
praktische Fragen geklärt werden.
Die Modellphase ist inzwischen abge-
schlossen, der Vertrag wurde aber weiter-
geführt und Anfang 2013 landesweit
geöffnet. Die Resonanz war allerdings
zurückhaltend. In Esslingen ist das Pfle-
geheim Kennenburg beigetreten. Landes-
weit hatten sich im ersten Quartal 2014
lediglich 284 Heimbewohnerinnen und
Bewohner eingeschrieben und 36 Ärzte
nahmen an dem Versorgungsmodell teil.
„Die Zurückhaltung vor allem der Pfle­
geheime ist unverständlich“, urteilt Thilo
Naujoks. „Eigentlich besteht dringender
Handlungsbedarf, denn seit 2014 müssen
die Pflegeheime gegenüber dem medizi-
nischen Dienst der Krankenkassen nach-
weisen, wie sie die hausärztliche Versor-
gung sicherstellen.“ Allerdings sei die
Situation in den Pflegeheimen auf dem
Land noch nicht so dramatisch wie in der
Stadt.
Am Netzwerk mit den drei Städtischen
Pflegeheimen in Esslingen beteiligen sich
inzwischen sieben Hausärzte. Etwa die
Hälfte der 260 Bewohnerinnen und Be­
wohner sind bei der AOK versichert und
davon haben sich 66 in den Versorgungs-
vertrag eingeschrieben. Gleich bei der
Aufnahme ins Pflegeheim werden die
neuen Bewohner und ihre Angehörigen
über das Hausarztmodell informiert.
Mancher möchte dann aber lieber bei sei-
nem bisherigen Hausarzt bleiben. Wer
nicht bei der AOK versichert ist, kann gar
nicht in das Modell aufgenommen wer-
den. Denn die Ersatzkassen konnten sich
bislang noch nicht entschließen, dem Ver-
tragsmodell beizutreten. Immerhin hat die
AOK Bereitschaft signalisiert, das Projekt
auch für andere Kassen zu öffnen, wenn
die auf die AOK zukommen. „Selbstver-
ständlich dürfen die Bewohner, die dem
Modell nicht beitreten können oder wol-
len, kein Defizit erleben“, sagt Thilo Nau-
joks. Der Aufwand, Hausbesuche zu orga­
nisieren, sei dann aber oft ungleich höher.
Das Netzwerk funktioniert
So ganz zufrieden ist der Geschäftsführer
der Städtischen Pflegeheime deshalb
noch nicht. Das bestehende Netzwerk aber
funktioniere inzwischen gut, weil sowohl
die beteiligten Hausärzte als auch die
Mitarbeiter in den Pflegeheimen enga-
giert mitziehen. „Die Situation der haus-
ärztlichen Versorgung hat sich in unseren
Häusern merklich entspannt und auch die
Pflegedienstmitarbeiter sind zufrieden.“
Auch Netzwerkarzt Dr. Anthoni kann in
dem Hausarztmodell nur Vorteile erken-
nen. „Die Vorbereitung der Visiten durch
den Pflegedienst ist eine sehr große Hilfe“,
berichtet er. Außerdem stehe immer eine
kompetente Pflegekraft zur Verfügung,
die die Bewohnerinnen und Bewohner gut
kennt und die Arztvisite begleitet. „Bei
vielen gesundheitlichen Problemen kön-
nen wir so rechtzeitig gegensteuern.“ Und
wenn sich der Gesundheitszustand eines
Bewohners verschlechtert, dann genügt
ein Anruf in der Praxis und der Arzt steht
mit seinem Rat oder auch einem Hausbe-
such zur Verfügung. All das sorge sicher
auch dafür, dass die Bewohnerinnen und
Bewohner seltener ins Krankenhaus ein-
gewiesen werden müssen, ist Dr. Anthoni
überzeugt. Das war im Übrigen auch eine
wichtige Erwartung der AOK. Die will mit
demVersorgungsvertrag und der dichteren
hausärztlichen Versorgung „dazu beitra-
gen, dass vermeidbare Krankentransporte
und Krankenhausaufenthalte, die die Pati-
enten belasten und zum Teil auch unnötige
Kosten verursachen, reduziert werden.“
„Die Situation der hausärztlichen
Versorgung hat sich in unseren
Häusern merklich entspannt und
auch die Pflegedienstmitarbeiter
sind zufrieden.“
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Vor der Visite:
Krankenschwester Margot Senz
informiert Hausarzt
Dr. Hans-Christian Anthoni
über seine Patienten
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