

2 2017
Esslinger Gesundheitsmagazin 15
Klinikum Esslingen
Klinik für Frauenheilkunde
und Geburtshilfe
Chefarzt Professor Dr.
Thorsten Kühn
Telefon 0711 3103-3051
t.kuehn@klinikum-esslingen.deKlinikum Esslingen
Klinik für Allgemeine Innere Medizin,
Onkologie/Hämatologie,
Gastroenterologie und Infektiologie
Prof. Dr. Michael Geißler
Telefon 0711 3103 – 2450,
-2451 und 2452
g.kaiser@klinikum-esslingen.deIVF-Zentrum Esslingen
Dr. Johann Emil Costea
Martinstraße 15
73728 Esslingen
Telefon 0711 31 05 91 60
Eizellen auf einfachem Wege zu entneh-
men, die später im Reagenzglas befruch-
tet werden können.
Letztlich können die Eierstöcke vor
Beginn einer Chemotherapie stillgelegt
werden, d. h. durch eine Depotspritze in
künstliche Wechseljahre versetzt werden.
Wenn durch diese Methode auch eine
gewisse Chance besteht, dass die Eier-
stöcke nach abgeschlossener Behandlung
noch ausreichend funktionieren, so ist
jedoch aus wissenschaftlicher Sicht
unklar, ob man sich hierdurch auch die
Chancen für die Erfüllung des Kinder-
wunsches erhalten kann.
In Kooperation mit dem Esslinger Kinder-
wunschzentrum besteht eine Mitglied-
schaft im Netzwerk Fertiprotekt. Dies ist
ein Zusammenschluss vieler deutschspra-
chiger Kinderwunschzentren und onkolo-
gischer Kliniken unter der Leitung von
Professor Michael von Wolff (Bern). Aus
diesem Netzwerk heraus werden Stan-
dards zum Fruchtbarkeitserhalt erarbei-
tet, weiterentwickelt und wissenschaft-
lich begleitet.
Egal, welches Verfahren für die Patienten
in Frage kommt, es ist wichtig, rechtzeitig
die Weichen für das Leben nach dem
Krebs zu stellen, darüber sind sich die vier
Experten einig. Daher kritisieren sie auch,
dass die Möglichkeiten zur Fruchtbar-
keitserhaltung von den Patienten selbst
bezahlt werden müssen, was z. B. im Fall
einer Stimulationsbehandlung schnell
4000 bis 5000 Euro kosten kann.
Die Chancen für die Frauen nach dem
Ende der Krebstherapie schwanger zu
werden, sind gut. Entscheidend sind Qua-
lität und Alter der Ei- und Samenzellen.
„Das ist reine Zellbiologie“, sagt Dr.
„Die Chancen für die Frauen
nach dem Ende der
Krebstherapie schwanger
zu werden, sind gut.“
Costea. Es werden dann je nachdem Eizel-
len oder Samenzellen aus dem Kälteschlaf
geholt und durch sogenannten In-vitro
Fertilisation (IVF) zur Befruchtung
gebracht. Dabei werden Ei- und Samen-
zelle im Reagenzglas vereint. Der Frau
werden dann in der Regel zwei Embryo-
nen eingesetzt. Die Chancen für eine
Schwangerschaft liegt etwa bei 25 bis 30
Prozent pro Behandlungszyklus.
Um einen Rückfall zu verhindern, erhalten
Frauen mit einem hormonempfindlichen
Tumor nach der Therapie gegen den
Brustkrebs zehn Jahre lang eine Antihor-
montherapie. Möchte eine Frau in dieser
Zeit Mutter werden, besteht die Möglich-
keit, die Hormontherapie zu pausieren
und nach der Schwangerschaft fortzu-
führen. „Trotz der Pause haben die Frauen
kein erhöhtes Rückfallrisiko“, sagt Profes-
sor Kühn.
Krebs in der Schwangerschaft
Besonders belastend ist es, wenn wäh-
rend einer bestehenden Schwangerschaft
ein Tumor diagnostiziert wird. Häufig ist
es Zufall, dass zum Beispiel ein Tumor in
der Brust festgestellt wird. Die hormonel-
len Veränderungen durch die Schwanger-
schaft sind kein Grund für den Ausbruch
der Krebserkrankung. Schuldgefühle,
Angst vor der Erkrankung und die Sorge
um das Leben des Kindes treiben die wer-
Einfrieren der Eizellen
denden Eltern um. Doch Professor Kühn
kann ihnen ein Stück ihrer Sorgen neh-
men: „Die schwangere Patientin mit
Brustkrebs erhält dieselbe Therapie wie
andere Patientinnen.“ Das beinhaltet auch
eine Chemotherapie, falls dies erforder-
lich ist. Denn jahrelange klinische For-
schung, unter anderem von der German
Breast Group, einer wissenschaftlichen
Forschungsgruppe mit der das Brustzen-
trum am Klinikum eng zusammenarbeitet,
hat ergeben, dass die Chemotherapie kei-
nen negativen Einfluss auf das Kind hat
und die Kinder gesund zur Welt kommen.
Auch eine operative Entfernung des
Tumors an der Brust stellt für das Kind
keine Gefahr dar. Im Interdisziplinären
Brustzentrum am Klinikum Esslingen hat
man die ausreichende Erfahrung, Frauen
und ihre Angehörigen in dieser schwieri-
gen Situation umfassend zu betreuen –
und das nicht nur medizinisch. „Die psy-
choonkologische Versorgung ist enorm
wichtig“, sagt Professor Kühn. Daher ist
eine Mitbetreuung durch erfahrene Psy-
chologen selbstverständlich.
aw