2 2013
Esslinger Gesundheitsmagazin 39
Die Rechnung ist simpel: Man nimmt das
Körpergewicht und teilt es durch die Kör­
pergröße im Quadrat. Das Ergebnis ist der
Body Mass Index (BMI), und er zeigt, was
eigentlich niemand so genau wissen will:
Ob zu viel Körpermasse auf den Hüften,
am Bauch oder den Oberschenkeln lastet.
Liegt das Ergebnis der kleinen Rechnung
unter 25 kg/m
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, ist alles im grünen
Bereich. Bis 30 spricht man von Überge­
wicht, danach von Adipositas oder Fett­
leibigkeit. Die zwischen 2008 und 2011 in
der „Studie zur Gesundheit Erwachsener
in Deutschland“ vomRobert Koch-Institut
erhobenen Daten zeigen beim Überge­
wicht ein düsteres Bild: Bereits 23,3 Pro­
zent der Männer und 23,9 Prozent der
Frauen weisen einen BMI von 30 und
mehr auf, gelten also als adipös. Und das
Problem ist nicht auf Erwachsene
beschränkt. Auch jedes fünfte Kind und
jeder fünfte Jugendliche ist übergewich­
tig, bei sieben Prozent liegt bereits eine
Adipositas vor.
Rückläufige Lebenserwartung
Düster ist das vor allem aus einem Grund:
Je höher das Gewicht und damit der BMI
steigen, desto mehr steigt auch das Risiko
weiterer Erkrankungen. Diabetes, Blut­
hochdruck, Störungen des Fettstoffwech­
sels (erhöhter Cholesterinspiegel), Gelenk­
beschwerden, Schlafapnoe, Depressionen
und einiges mehr zählen zu diesen Komor­
biditäten. Sie haben erheblichen Einfluss
auf die Gesundheit, verringern die Lebens­
qualität und auch die Lebenserwartung.
„Adipöse Erwachsene verlieren etwa sie­
ben Lebensjahre“, sagt Professor Dr. Lud­
ger Staib, Chefarzt der Klinik für Allge­
mein- und Viszeralchirurgie am Klinikum
Esslingen. Da ab einem BMI von 40 stets
solche Begleiterkrankungen zu finden
sind, spricht die Weltgesundheitsorgani­
sation WHO ab diesem Wert von morbi­
der, also krankhafter Adipositas. Professor
Staib setzt diese Grenze nicht ganz so
absolut: „Eine morbide Adipositas ist eine
Adipositas mit gleichzeitigem Vorliegen
von erheblichen Begleiterkrankungen.“
Und das könne durchaus auch schon bei
einem BMI von „30 plus“ der Fall sein.
Die Probleme, die mit der Adipositas in
Zusammenhang stehen, werden in der
Praxis meist im Rahmen einer Gesund­
heitsuntersuchung zur Sprache gebracht.
„Das Übergewicht allein ist selten der
Grund, dass diese Personen zu uns in die
Sprechstunde kommen“, sagt Dr. Friedrich
Eiche, niedergelassener Allgemeinmedizi­
ner in Denkendorf. Häufig wird ihm über
zunehmende Atemnot schon bei kleinen
Belastungen wie Treppensteigen berichtet
oder über Schmerzen in Knie-und Hüft­
gelenken. Viele Patienten leiden gleichzei­
tig an einer Bluthochdruckerkrankung.
„Im Labor finden sich insbesondere Dia­
betes mellitus oder seine Vorstufen, die
mit einer übermäßigen Insulinausschüt­
tung einhergehen“, berichtet Dr. Eiche.
Dieser Umstand löst einen Teufelskreis
aus: „Der hohe Insulinspiegel verstärkt
den Appetit, diese Menschen leiden unter
einem ständigen Hungergefühl. Außer­
dem aktiviert Insulin das Fettgewebe,
sodass alle aufgenommenen Kalorien
sofort dort abgelagert werden.“ Auf diese
Weise kommt es bei manchen Personen
zu einer fast explosiven Gewichtszu­
nahme. „Die Kombination aus erhöhtem
Insulinspiegel, Bluthochdruck und Fett­
stoffwechselstörung ist hochgefährlich
und führt im Lauf der Zeit fast unweiger­
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„Eine morbide Adipositas ist
eine Adipositas mit gleichzeiti-
gem Vorliegen von erheblichen
Begleiterkrankungen.“
23,3
Prozent
der Männer und
23,9 Prozent
der Frauen gelten als
adipös.
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