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Esslinger Gesundheitsmagazin
2 2012
Daheim
im Pflegeheim
In den kommenden Jahren wird die Zahl der pflegebedürfti-
gen Menschen deutlich zunehmen. Angesichts dieser Entwick-
lung plädiert der Geschäftsführer der Städtischen Pflegeheime
Esslingen, Thilo Naujoks, dafür, die Rolle der Pflegeheime zu
stärken.
Immer häufiger können Hochbetagte
ihren 100. Geburtstag feiern – manche
noch geistig fit bei guter Gesundheit,
andere körperlich eingeschränkt und
pflegebedürftig. Nach einer Prognose des
Statistischen Landesamtes wird die Zahl
der pflegebedürftigen Menschen in
Baden-Württemberg bis 2030 um 43
Prozent anwachsen. 350.000 Menschen
werden dann auf Hilfe angewiesen sein,
130.000 von ihnen, so die Schätzung,
benötigen einen Platz in einem Pflege-
heim. Das sind Zahlen, die auch Thilo
Naujoks, den Geschäftsführer der Städ-
tischen Pflegeheime Esslingen, umtrei-
ben. „Wir rechnen damit, dass wir allein
in der Stadt Esslingen bis 2030 rund 220
zusätzliche stationäre Pflegeheimplätze
benötigen.“
Die Städtischen Pflegeheime planen des-
halb aktuell zwei neue Einrichtungen in
der Stadt. Ende 2014 soll das neue Pfle-
geheim in Hohenkreuz an der Ecke Sera-
cher Straße und Schlosswiesenweg fertig-
gestellt sein. Das familiäre, überschaubare
Haus mitten im Stadtteil wird 48 Plätze
haben. Weitere 45 Pflegeplätze sind in
einem neuen Pflegeheim in Oberesslin-
gen geplant, für das jedoch der Standort
noch nicht endgültig feststeht. Die klei-
neren Pflegeheime mitten in der Stadt
liegen im Trend – genauso wie alternative
Wohnformen für ältere Menschen, die
derzeit in aller Munde sind. Thilo Naujoks
ärgert sich jedoch, wenn die Senioren-
WG als tolle Alternative für alle älteren
Menschen dargestellt und die Pflege-
heime nur noch als Ort für Schwerst-
kranke im letzten Lebensstadium oder für
hochgradig Demente abqualifiziert wer-
den: „Es ist schlicht nicht möglich, für die
vielen auf Unterstützung angewiesenen
Senioren alternative Wohnformen in
Kleingruppen einzurichten.“
Selbstverständlich wünschen sich die
meisten Menschen, im Alter möglichst
lange selbstständig in den eigenen vier
Wänden wohnen zu können. Der medizi-
nische Fortschritt und die gesündere
Lebensweise tragen wohl auch dazu bei,
dass immer mehr Menschen im hohen
Alter noch gut alleine zurechtkommen.
Wenn sich erste Beeinträchtigungen ein-
stellen, werden sie zudem durch ambu-
lante Pflegedienste oder Angehörige
unterstützt. Auch die Politik setzt auf das
Prinzip „ambulant vor stationär“. Den-
noch nimmt die Zahl der Menschen wei-
ter zu, die dann doch irgendwann einen
Pflegeheimplatz benötigen – auch weil
immer weniger Familien in der Lage sind,
sich um Versorgung und Pflege ihrer
betagten Angehörigen zu kümmern. Und
so kommen die Senioren auch keineswegs
nur zum Sterben ins Pflegeheim. „Derzeit
leben die Bewohnerinnen und Bewohner
in unseren Häusern im Schnitt 2,5 Jahre“,
berichtet Thilo Naujoks. Tendenz wieder
steigend.
Mit der Abwertung der Pflegeheime in
Politik und öffentlicher Meinung sinke
auch die Attraktivität der Arbeitsplätze.
„Schon jetzt haben wir Probleme, genü-
gend qualifizierte Pflegekräfte zu bekom-
men.“ Die oft einseitige Argumentation
gegen die Pflegeheime ist für Naujoks
deshalb das falsche Signal: „Wir sollten
uns vielmehr darum bemühen, die Heime
zu stärken, sie im Sinne von Heimat für
die alten Menschen zu fördern. Denn mit
der demografischen Entwicklung, mit der
wachsenden Zahl älterer Menschen
kommt in den nächsten Jahren ein
Ansturm auf uns zu, dem wir auch mit
guten, finanzierbaren Pflegeheimen
begegnen müssen.“
Für die Pflegebedürftigen und deren
Angehörigen jedoch stellt sich oft ein
weiteres Problem: Der Platz in einem
Pflegeheim ist teuer. Bei einem monat-
lichen Heimentgelt von im Durchschnitt
3.000 Euro ist diese Einschätzung auch
für Thilo Naujoks nachvollziehbar. Denn
„Wir rechnen damit, dass wir allein in der Stadt
Esslingen bis 2030 rund 220 zusätzliche statio-
näre Pflegeheimplätze benötigen.“
Geplant sind
knapp
100 Plätze
in zwei neuen Pflegeheimen
in Hohenkreuz und
Oberesslingen