1 | 2023 Esslinger Gesundheitsmagazin 17 für junge Leser Ein Tag ohne Computer oder Smartphone – für Jugendliche mit Social Media – oder Computerspiel-Sucht wäre das eine Vollkatastrophe. Die Sucht kann so weit gehen, dass die Betroffenen nur noch in einer virtuellen Welt leben und ihr echtes Leben verzocken. Digital Junkie oder was? „Nomophobie“ ist ein Fachbegriff, der für „No-Mobile-Phone-Phoebia“ steht – die Angst, keinen Handyzugang zu haben. „Gaming Disorder“, Online-Spielsucht, ist seit 2018 eine von der Weltgesundheitsorganisation WHO anerkannte Krankheit. Der Trend-Ausdruck „Digital Detox“ – Entgiften von digitalen Medien – deutet darauf hin, dass zu viel Internet wie Gift für uns sein kann. Und Suchtforscher haben die „internetbezogene Störung“, die Abhängigkeit von Social Media, Internet und Zocken, längst auf dem Schirm. Untersuchungen zeigen, dass vor allem Jugendl iche von Social Media- und Gaming-Sucht betroffen sind. Bin ich süchtig? Für diese Sucht gibt es typische Warnsignale: Viele betroffene Jugendliche haben Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, ein schlechtes Selbstwertgefühl, sie werden schnell gereizt oder sind lustlos. Manche schwänzen sogar die Schule und geben Freundschaften und andere Freizeitaktivitäten auf, damit sie mehr Zeit zum Scrollen und Zocken haben. Dass sie so viel Zeit am Handy oder Computer verbringen, versuchen sie anderen zu verheimlichen. Gedanklich leben sie nicht mehr in der echten Welt, sondern in der virtuellen. Ohne Smartphone oder Computer bekommen Süchtige Entzugserscheinungen: sie reagieren aggressiv, panisch oder depressiv. Glückshormon-Trigger Warum Gaming und Social Media süchtig machen können, erklären Wissenschaftler so: Wenn wir eine Social Media App öffnen oder ein Spiel beginnen und dann eine Überraschung erleben – wenn wir also zum Beispiel Likes auf Instagram bekommen oder ein Spiel gewinnen – dann schüttet unser Gehirn das Glückshormon Dopamin aus. Wenn sich dieser Vorgang regelmäßig wiederholt, trainiert uns das dazu, immer öfter und länger am Handy oder Computer zu sitzen. Wir wollen den Dopamin-Flash immer wieder. Professionelle Mediendesigner gestalten Apps und Spiele systematisch so, dass dieses Verlangen noch verstärkt wird. Wo gibt es Hilfe? Erste Anlaufstellen für süchtige Jugendliche sind zum Beispiel Psychologische Beratungsstellen, Suchtberatungsstellen oder die Psychiatrische Institutsambulanz der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Klinikum Esslingen. Die Fachleute hören zu und beraten, welche Hilfsangebote im Einzelfall sinnvoll sind. Vielen hilft eine Therapie dabei, einen verantwortlichen Umgang mit dem Internet zu lernen. Dauerhaft ganz auf das Internet zu verzichten, würde keinen Sinn machen – schließlich gibt es praktisch keinen Beruf ohne PC mehr. Die Heilungsquote sei mit 70 bis 80 Prozent sehr hoch, so das Deutsche Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters. nw Tipps für eine gesündere Mediennutzung 1. M ach so viel wie möglich old-school: analoge Uhr statt Smart-Watch, Wecker statt Handy, Terminplaner als Buch statt Google-Calendar. 2. S tell Push-Nachrichten ab – die „trainieren“ uns, dauernd auf unser Handy zu schauen. 3. V erbanne dein Handy für bestimmte Zeiten aus deinem Zimmer, zum Beispiel während du schläfst und solange du Hausaufgaben machst.
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