Ausgabe 1 >2023

1 | 2023 Esslinger Gesundheitsmagazin 15 keit als Gefäßchirurg ist, dass ich praktisch an allen Körperteilen operiere. Und es ist eine sehr filigrane Tätigkeit“, sagt der Chefarzt. Schonende Behandlung bringt Lebensqualität zurück Die Behandlung von Gefäßverschlüssen überall im Körper gehört zur alltäglichen Arbeit von Professor Demirel und seinem Team. Dabei gibt es verschiedene Methoden. Noch vor 20 Jahren waren Operationen bei solchen Problemen zumeist blutig, die Genesung der Patientinnen und Patienten dauerte lang. Doch mittlerweile gibt es sanf tere Methoden. „Manchmal hilft nur eine große Operation. Aber 80 Prozent der Eingriffe machen wir heute minimalinvasiv“, erklärt der Gefäßchirurg. Das bedeutet: Statt einer großen OP, bei der die Chirurginnen und Chirurgen das Bein aufschneiden, werden winzige OP-Geräte durch eine kleine Öffnung ins Innere der Blutgefäße geschoben. Der Klinikaufenthalt ist dabei kurz, mei s t kann man den Eingr i f f ohne Vollnarkose durchführen. Das ist alles wesentlich schonender für die Betroffenen als eine herkömmliche OP. Eine gängige minimalinvasive Methode bei Gefäßverschlüssen ist das Aufweiten des verstopften Bereichs durch das Anwenden eines Ballons oder Setzen eines Stents. Relativ neu ist die Methode der RotationsAtherektomie. Auch sie wird minimalinvasiv – also ohne großen Schnitt – durchgeführt. „Die Methode eignet sich ausschließlich bei Verengungen oder Verschlüssen im Bein“, sagt Professor Demirel. „Und auch nur, wenn die Ablagerungen im Gefäß sehr kalkhaltig und hart sind.“ Das sei bei etwa 40 Prozent der Patientinnen und Patienten so. Dann führt der Chirurg eine Art Mini-Fräse von der Leiste aus in die Gefäße des Beins ein. Die verstopfte Stelle wird von dem Rotationskopf des Geräts mit bis zu 73.000 Umdrehungen pro Minute freigeräumt. Der Kalk wird entfernt, pulverisiert und gleich eingesaugt. Zwar gebe es noch keine Langzeitstudien zu dieser neuen Methode, sagt der Chefarzt, „aber die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass diese Methode offenbar wirkungsvoller ist als die reine Behandlung mit einem Ballon, bei der die Gefäße nur geweitet werden, der Kalk aber bleibt.“ Dabei sei das Risiko, dass das Gefäß sich wieder verschließt, deutlich größer als bei der Atherektomie. Auch seiner Patientin Petra Herrmann empfahl Professor Demirel einen solchen Eingriff. Die 79-Jährige war zunächst skeptisch. „Ich hatte Angst vor einer solchen OP. Doch Herr Professor Demirel hat mir im Vorgespräch alles sehr gut erklärt.“ Sie willigte ein – und hat dies nicht bereut. „Ich war nur anderthalb Tage im Krankenhaus“, berichtet sie. Bereits am Tag nach ihrer Entlassung aus der Klinik sei sie wieder zu Fuß zum Einkaufen gegangen. „Ich lebe allein, da muss ich mobil sein.“ Heute, mehrere Monate nach dem Eingriff, könne sie wieder fast so gut laufen wie vor einigen Jahren. Auch der Besuch ihrer Gymnastikgruppe ist kein Problem. Volkskrankheit Schaufensterkrankheit Die periphere arterielle Verschlusskrankheit, wie die Schaufensterkrankheit medizinisch korrekt heißt, ist weit verbreitet. „Sie ist mittlerweile so etwas wie eine Volkskrankheit“, sagt Professor Demirel. Durch den Verschluss der Arterie wird nicht mehr genügend Blut und damit Sauerstoff durch den Körper gepumpt. Die Folgen sind Wadenkrämpfe, Schmerzen und Probleme beim Gehen. Risikofaktoren sind laut dem Gefäßchirurgen Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck, ein hoher Cholesterinspiegel, Rauchen, Bewegungsmangel . Aber auch aktive Menschen könnten an der Schaufensterkrankheit erkranken. Denn ein weiterer Risikofaktor für die Arteriosklerose, also die Ablagerung von Fett und Kalk in den Gefäßen, ist das Alter. „Ich habe fitte aktive Patientinnen und Patienten Mitte 70 oder 80 Jahre alt, die biologisch zehn Jahre jünger sind als nach dem Kalender, aber trotzdem einen Verschluss im Bein haben“, so Professor Demirel. Zu diesen fitten Patienten gehört auch Werner Neuner. Der 84-Jährige wurde im vergangenen Jahr am Esslinger Klinikum operiert – und zwar an beiden Beinen. „Ich war immer in den Bergen wandern und jeden Tag mehrmals mi t dem Hund spazieren“, >>> Prof. Dr. Serdar Demirel 80% der Gefäßverschlüsse können am Klinikum Esslingen heute minimalinvasiv behandelt werden. Das Rotations-Atherektomie-System fräst sich durch die Verkalkung und trägt Ablagerungen in der Arterie mittels Saugfunktion ab.

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