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Esslinger Gesundheitsmagazin 39
den die Diagnose eingrenzen. Mit Tastuntersuchungen oder dem
Ultraschall lassen sich größere Herde erkennen. Um Absiedelun-
gen der Gebärmutterschleimhaut in der Bauchhöhle zweifelsfrei
diagnostizieren zu können, ist jedoch eine Bauchspiegelung
erforderlich, die in aller Regel in einem Krankenhaus durchge-
führt wird. Dabei wird meist auch gleich Gewebe zur Untersu-
chung entnommen.
Erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität
„Die Auswirkungen der Endometriose sind ganz erheblich“, urteilt
auch Professor Dr. Thorsten Kühn, Chefarzt der Klinik für Frau-
enheilkunde und Geburtshilfe im Klinikum Esslingen. „Wieder-
kehrende Schmerzen und eingeschränkte Fruchtbarkeit haben
gravierende Auswirkungen auf die Lebensqualität der betroffe-
nen Frauen.“ Dennoch gebe es kaum standardisierte Konzepte
für Diagnose und Behandlung. Auch sei die Zusammenarbeit der
beteiligten medizinischen Fachdisziplinen vielfach noch unzu-
reichend.
Deshalb hat Professor Kühn an seiner Klinik ein Endometriose-
Zentrum gegründet, das eng mit der deutschen Endometriose-
liga und der Stiftung Endometrioseforschung zusammenarbei-
tet. „Ganz ähnlich wie in unseren Behandlungszentren für
Krebserkrankungen arbeiten hier die Ärzte, die mit der Diagnos-
tik und Therapie der Endometriose befasst sind, eng zusammen.“
Außerdem wurde eine spezielle Endometriose-Sprechstunde
eingerichtet. Darüber hinaus kooperiert das neue Endometriose-
Zentrum mit einer ganzen Reihe von Partnern außerhalb der
Klinik. Dazu zählen vor allem niedergelassene Gynäkologen und
Reproduktionsmediziner aus dem Kreis Esslingen, Schmerzthe-
rapeuten und Ernährungsberater sowie die Endometriose-
Selbsthilfegruppe. „Unser Ziel ist es, mit allen Partnern Stan-
dards für Diagnostik und Therapie zu erarbeiten, damit alle
betroffenen Frauen eine optimale Behandlung erhalten“, sagt
Professor Kühn.
Patientinnen, die mit der Verdachtsdiagnose Endometriose in
die Esslinger Frauenklinik kommen, werden zunächst von zwei
Ärzten unabhängig untersucht. „Je nach Befund ziehen wir Kol-
legen aus anderen Fachgebieten im Rahmen von Fallkonferen-
zen hinzu“, berichtet Oberarzt Dr. Michael Burkhardt, Koordina-
tor des Endometriose-Zentrums. Haben die Schleimhautzellen
beispielsweise die Blase besiedelt, kommen gegebenenfalls die
Urologen hinzu, ist der Darm betroffen, sind die Bauchchirurgen
gefragt. „In vielen Fällen können die Endometriose-Herde mit
der sogenannten Schlüsselloch-Chirurgie minimalinvasiv ent-
fernt werden“, erklärt Professor Dr. Ludger Staib, Chefarzt der
Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie. „Sind größere Berei-
che betroffen, kann ein Bauchschnitt nötig sein.“ Steht für die
betroffenen Frauen ein Kinderwunsch im Vordergrund, werden
die Reproduktionsmediziner eingebunden. Gemeinsam gibt das
Ärzteteam dann eine Therapieempfehlung. „Aber es muss kei-
neswegs in jedem Fall operiert werden“, schränkt Professor Kühn
ein. „Die Endometriose ist eine hormonabhängige Erkrankung
und kann deshalb oft auch mit speziellen Medikamenten, etwa
mit Hormon-Präparaten, behandelt werden.“ Zudem können
Physiotherapie, Entspannungsübungen und körperliche Betäti-
gung sowie eine Umstellung der Ernährung die Behandlung
unterstützen. Im Bedarfsfall steht im Endometriose-Zentrum
Esslingen außerdem eine spezialisierte Schmerztherapeutin zur
Verfügung.
Mit der einmaligen Behandlung ist es jedoch leider nicht getan.
„Die Endometriose ist eine chronische Erkrankung. Bei sehr vie-
len Frauen bilden sich nach einiger Zeit neue Krankheitsherde“,
berichtet Professor Kühn. Deshalb sei eine gute Nachsorge und
Beobachtung durch niedergelassene Gynäkologen wichtig. Das
Kooperationsnetzwerk des neuen Endometriose-Zentrums soll
dabei helfen, die langfristig optimale Betreuung der betroffenen
Frauen sicherzustellen. In diesem Rahmen besteht auch eine
enge Zusammenarbeit mit einer spezialisierten Rehabilitations-
Klinik.
so
V.l.n.r.: Dr. Detlev Strauch, Ober-
arzt, Rehaklinik Bad Waldsee;
Agnes Hartkopf, Stomatherapeu-
tin; Dr. Monika Nedder, Oberärztin,
Radiologie; Dr. Angelika Lohmann-
Beutel, Oberärztin, Anästhesie;
Dr. Markus Streicher, Frauenklinik;
Prof. Dr. Thorsten Kühn, Chefarzt,
Frauenklinik; Dr. Michael Burkhardt,
Oberarzt, Frauenklinik; Dr. Carl-
Eberhard Klapproth, niedergelas-
sener Frauenarzt; Marlene
Hoffmann, Sozialdienst;
Dr. Friedrich Gagsteiger, Kinder-
wunsch-Zentrum Ulm/Stuttgart;
Dr. Kerstin Henning, Pathologie;
Dr. J. Emil Costea, IVF-Zentrum
Esslingen; Theresia Eisele, Landes-
netzwerk Endometriose Baden-
Württemberg
Dr. Ulrich Cimniak,
Urologische Praxis
Esslingen (oben);
Pro. Dr. Ludger
Staib, Chefarzt,
Klinik für Allge-
mein- und Viszeral-
chirurgie