Ausgabe 1 >2023

1 | 2023 Esslinger Gesundheitsmagazin 37 Dr. Sonia Schrödel Professor Dr. Matthias Reinhard Doch es kann auch zu Komplikationen kommen, insbesondere dann, wenn die Patientinnen und Patienten bei Beschwerden zu spät zum Arzt gehen oder der Arzt an den Bläschen nicht gleich erkennt, dass es sich bei dem Ausschlag um Herpes Zoster handelt. Eine gefürchtete Komplikation ist die Post-Zoster-Neuralgie, die starke chronische Nervenschmerzen verursacht, auch Nervenschädigungen und Lähmungen können auftreten. Laut Professor Reinhard entwickeln zehn bis 20 Prozent aller Patientinnen und Patienten eine Post-Zoster-Neuralgie, das heißt mehr als drei Monate anhaltende Nervenschmerzen nach einer Gürtelrose. Bei über 60-Jährigen können diese länger anhaltenden Schmerzen bei jedem zweiten Patient auftreten. Gefürchtet sind zudem schwere Verlaufsformen wie ein ZosterBefall mit Nervenschädigungen und Lähmungen (zum Beispiel Facialisparese) oder eine Beteiligung von Hirnhäuten und Gehirn (Enzephalitis). Diese Patientinnen und Patienten landen dann bei Professor Reinhard im Klinikum Esslingen. Etwa 30 Menschen pro Jahr behandelt das Klinikum wegen schweren Herpes Zoster-Verläufen mit starken Schmerzen, Lähmungen oder Symptomen einer Hirnhaut- bzw. Gehirnentzündung. Mit einer Lumbalpunktion wird die Diagnose bestätigt und anschließend Aciclovir per Infusion für zehn bis 14 Tage verabreicht, weil es so besser wirkt. Sehr ansteckend ist das Virus nicht. Händewaschen nach Berühren der betroffenen Stellen reicht aus. „Der flüssige Bläscheninhalt ist ansteckend, deshalb sollte man diese nicht aufkratzen, um eine Schmierinfektion, zum Beispiel im Auge, zu vermeiden“, sagt Sonia Schrödel. Aber auch ohne direkten Kontakt kann das Herpes Zoster im Auge auftreten und die Hornhaut befallen. „Das ist sehr gefährlich und kann bis zur Erblindung führen“, sagt die Ärztin. Auch in einem solchen Fall müssen die Betroffenen ins Krankenhaus und mit Infusionen behandelt werden. „Die Behandlung eines Herpes Zoster im Auge ist eine sehr langwierige Angelegenheit“, so Dr. Schrödel. „Die Patientinnen und Patienten müssen noch wochenlang Medikamente einnehmen.“ Impfen schützt Seit vielen Jahren gibt es eine Impfung gegen das Varizella-Zoster-Virus. Sie gehört mittlerweile zu den Standardimpfungen im Kindesalter. Wichtig sei aber, dass sich auch Ältere, deren Immunschutz nur noch schwach sei, gegen Herpes Zoster impfen lassen, betonen beide Ärzte. Professor Reinhard sowie die Deutsche Impfkommission Stiko empfehlen die Impfung allen Menschen ab 60 Jahren. Menschen mit chronischen Erkrankungen, die das Immunsystem schwächen, sollten sich bereits ab 50 Jahren impfen. Also zum Beispiel Menschen, die an Diabetes, Rheuma oder chronischen Lungenerkrankungen leiden. Auch Dr. Schrödel hält eine Impfung bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung ab 50 Jahren für notwendig. „Die meisten meiner Patientinnen und „E ine Impfung schützt zu circa 90 Prozent vor einer Erkrankung.” Kontakt Klinik für Neurologie und klinische Neurophysiologie Prof. Dr. Matthias Reinhard Chefarzt Telefon 0711 3103-2551 /-2550 neurologie@klinikum-esslingen.de Dr. Sonia Schrödel Fachärztin für Allgemeinmedizin Plochingerstr. 115 73730 Esslingen Patienten mit Gürtelrose sind zwischen 50 und 60 Jahren alt“, sagt sie. Viele Patientinnen und Patienten mit schweren Erkrankungen, die Professor Reinhard im Esslinger Klinikum behandelt, sind über 70 Jahre. „Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter“, erklärt der Neurologe. Aber auch Menschen, die an einer Immunschwäche leiden oder nach einer Krebserkrankung oder Chemotherapie sind gefährdet und sollten sich impfen lassen. „Eine Impfung schützt zu circa 90 Prozent vor einer Erkrankung“, sagt die Allgemeinärztin. Wichtig sei aber auch, dass Patientinnen und Patienten mit unklaren Ausschlägen oder Schmerzen frühzeitig zum Arzt gehen. „Ich erlebe es oft, dass die Betroffenen viel zu spät kommen und es dann zu einem schweren Verlauf kommt.“ Auch wer nur zwei, drei Bläschen habe, die zumeist nur auf einer Körperseite auftreten, sollte das lieber vom Arzt abklären lassen, bevor sich daraus eine schwere Gürtelrose entwickelt. „Bei unklaren Ausschlägen sollte man frühzeitig den Hausarzt aufsuchen“, so die Empfehlung von Dr. Schrödel. Nicht zu verwechseln: Herpes Zoster und Herpes Simplex Verwandt ist der Herpes Zoster übrigens auch mit dem Herpes Simplex, der die Fieberbläschen am Mund auslöst und mit demselben Wirkstoff Aciclovir in Salbenform behandelt wird. Auch diesen Virus tragen die meisten Menschen in sich. Wer öfters an Herpesbläschen am Mund leidet, müsse aber nicht befürchten, bald an Gürtelrose zu erkranken. „Das Herpes-Simplex-Virus, welches zum Beispiel den Lippenherpes auslöst und das Varizella-Zoster-Virus kommen zwar beide aus der Herpes Familie, lösen aber unterschiedliche Krankheiten aus“, beruhigt die Allgemeinärztin. gwn

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