Ausgabe 1 >2022

1 | 2022 Esslinger Gesundheitsmagazin 13 für junge Leser Bald soll es Cannabis in Deutschland legal zu kaufen geben. Allerdings nur für Erwachsene, denn für Jugendliche ist Cannabis rauchen besonders gefährlich – auch wenn manche Mythen anderes erzählen. Fake Stories über Cannabis Wissenschaftliche Hintergründe findet man zum Beispiel auf der Seite der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e. V. „Gesundheitliche Risiken einer Cannabislegalisierung für Kinder und Jugendliche“ www.dakj.de Als Jugendlicher kann es einem schon mal so vorkommen, als würden „alle“ kiffen. Aber: Eine Statistik der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sagt, dass nur jeder Zehnte der 12- bis 17-Jährigen schon mal Cannabis geraucht hat. 90 Prozent haben also noch nie gekifft. Regelmäßig (dazu zählt bereits mehr als zehnmal im Jahr) kiffen nur zwei von hundert Jugendlichen. Über Cannabis gibt es noch viele weitere Stories, die ziemlicher Quatsch sind. Zum Beispiel, dass man nach dem Rauchen immer gut drauf ist. Manche erleben Panikattacken, Herzrasen und Übelkeit. Wer kifft, um sich von Problemen abzulenken, ist langfristig oft gar nicht gut drauf. Denn derjenige lernt nicht, wie man Schwierigkeiten bewältigt. Die psychische Abhängigkeit wird oft unterschätzt: Bald meint man, nicht mehr ohne die Droge leben zu können. Harmlos? Die beliebteste Fake Story über Cannabis ist wohl die, dass es nicht schädlich ist, weil es pflanzlich ist. Der Stoff, der beim Kiffen berauschend wirkt, ist das Cannabinoid THC (Tetrahydrocannabinol) in der weiblichen Hanfpflanze. Es gibt noch über 100 weitere Wirkstoffe, unter anderem Cannabidiol (CBD), das eher beruhigend wirkt. Die Pflanzenblüten werden getrocknet und zu Marihuana verarbeitet. Alternativ wird das Harz aus Pflanzenteilen extrahiert und zu Blöcken gepresst – dann hat man Haschisch. Beiden Produkten mischen Dealer oft Streckmittel bei: krebserregende oder lungenschädigende Materialien wie Sand, Haarspray, Plastik und mehr. Cannabinoide werden übrigens auch künstlich hergestellt. Diese sind besonders gefährlich, weil die Wirkung unberechenbar ist. Aber warum ist Cannabis dann für manche medizinische Zwecke legal? Cannabisarzneimittel können zum Beispiel chronisch Kranken mit starken Schmerzen helfen. Jedoch kommt das medizinische Cannabis aus extrem streng kontrolliertem Qualitäts-Anbau und hat keine berauschende Wirkung. Ärzte empfehlen es in der Regel nur für Patienten über 25. Einfluss auf das Gehirn Gefährlich ist Cannabis vor allem für Jugendliche. Bis ins junge Erwachsenenalter finden viele Umbauprozesse im Gehirn statt. Cannabis wirkt sich auf diese Prozesse aus. Je früher man kifft, desto größer die strukturellen Unterschiede im Gehirn im Vergleich zu Nicht-Kiffern. Folgen sind zum Beispiel, dass sich die Jugendlichen schlechter konzentrieren können, vergesslicher sind und schnell aggressiv oder genervt sind – also impulsiv reagieren. Typisch sind Antriebsstörungen: keine Lust auf irgendwas, das nichts mit Rauchen zu tun hat. Es kann sogar sein, dass sich die Persönlichkeit nicht weiterentwickelt, sondern im Pubertätszustand bleibt. „Das Risiko, Psychosen, also unter anderem Halluzinationen, Wahn und Realitätsverlust zu entwickeln, steigt erheblich. Abgaberegulierungen mit Altersbegrenzungen bei 21 oder gar 18 Jahren sind hinsichtlich der Hirnentwicklung also nicht plausibel“, so Professor Dr. Christian von Schnakenburg, Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche am Klinikum Esslingen. nw, cvs

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