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1 2016

Esslinger Gesundheitsmagazin 15

In Deutschland erleiden fast 270.00 Menschen pro Jahr einen

Schlaganfall. In rund 80 Prozent der Fälle wird der Schlaganfall

ausgelöst, weil ein Blutgefäß verstopft ist und das Gehirn des-

halb nicht ausreichend durchblutet wird. Aber auch eine Blutung

imGehirn kann zu einem Schlaganfall führen. „Jede Minute ohne

Behandlung sterben bei einem Schlaganfall durch die mangel-

hafte Durchblutung rund 14 Milliarden Nervenverknüpfungen

im Gehirn ab“, nennt Professor Reinhard eine erschreckende

Zahl. Damit wird deutlich, dass rasche medizinische Hilfe nötig

ist, um die Verluste und damit die Folgen des Schlaganfalls in

Grenzen zu halten.

Um eine möglichst rasche und vor allem effektive Diagnose und

Behandlung der Betroffenen sicherzustellen, wurden in den ver-

gangenen Jahren an vielen Krankenhäusern über das ganze Land

verteilt Schlaganfall-Schwerpunkte, die sogenannten Stroke

Units, eingerichtet. Auch die Neurologische Klinik des Klinikums

Esslingen, die Professor Reinhard im Dezember 2015 als Chef-

arzt übernommen hat, verfügt über eine solche Stroke Unit mit

derzeit acht Behandlungsplätzen. Zudem gilt der neue Chefarzt,

der zuvor als Oberarzt in der Uniklinik Freiburg das Schlagan-

fallzentrum geleitet hat, als ausgewiesener Schlaganfall-

Experte.

Schlaganfallrisiko Carotis-Stenose

Neben der Therapie hat er sich in Freiburg auch mit der Vorbeu-

gung des Schlaganfalls beschäftigt. „Jeder sechste Schlaganfall

in Deutschland wird durch eine Verengung der Halsschlagader,

eine sogenannte Carotis-Stenose, ausgelöst“, so Professor Rein-

hard. Bereits Patienten mit Vorboten von Schlaganfällen, also

vorübergehenden Ausfallsymptomen, sollten an der Halsschlag-

ader zeitnah operiert werden oder einen Stent erhalten. „Aller-

dings kommt die Carotis-Stenose in der Bevölkerung noch viel

häufiger vor, ohne dass sie schon zu Symptomen geführt hat.“

Ob es sinnvoll ist, alle diese Patienten mit einer Verengung der

Halsschlagader vorbeugend zu operieren, ist daher umstritten

– das Risiko kann mit optimaler Medikamententherapie nämlich

oft sehr gering gehalten werden. Besonders wichtig ist es aber,

diejenigen Patienten zu identifizieren, die dennoch ein erhöhtes

Risiko für einen Schlaganfall besitzen. Das sind ca. 20 Prozent

der Patienten mit einer solchen hochgradigen Verengung der

Halsschlagader. Im Rahmen einer internationalen Studie unter

Leitung von Professor Reinhard wurde deshalb mit einem Ult-

raschalltest untersucht, welche Patienten mit einer hochgradi-

gen Einengung der Halsschlagader besonders gefährdet sind,

einen Schlaganfall zu erleiden. Mit der schonenden Ultraschall-

untersuchung, die ja ganz ohne Strahlenbelastung arbeitet,

bestimmen die Ärzte die „Durchblutungsreserve“ im Gehirn. „Ein

ganz wesentlicher Grund dafür, dass so viele Menschen selbst

bei einem Verschluss der Halsschlagader keine Beschwerden

haben, liegt daran, dass im Gehirn neue Blutgefäße als Umge-

hungswege gebildet werden, die eine gute Blutversorgung trotz

der Verengung aufrecht erhalten“, erklärt Professor Reinhard.

Wie gut diese Umgehungswege funktionieren, ob also noch eine

ausreichende Durchblutungsreserve besteht, kann mittels Ult-

raschall sichtbar gemacht werden. Bei Patienten mit einer Ver-

engung der Halsschlagader sollte diese Untersuchung durchge-

führt werden, rät Professor Reinhard: „Erst wenn die Risikopa-

tienten identifiziert sind, bei denen die Durchblutungsreserve

unzureichend ist, macht eine vorbeugende Operation wirklich

Sinn.“ Denn: Patienten mit einer Carotis-Stenose und schlechter

Durchblutungsreserve haben ein vierfach erhöhtes Schlagan-

fallrisiko.

Parkinson-Diagnose mit Hirnultraschall

Professor Reinhard setzt die schonende Ultraschalltechnik auch

für andere Untersuchungen des Gehirns ein. So lässt sich auch

die Schüttellähmung, der Morbus Parkinson, mit dem Hirnult-

raschall frühzeitig diagnostizieren. „Allerdings leidet nicht jeder

Patient, der die Parkinson-typischen Symptome zeigt, unter dem

klassischen Morbus Parkinson.“ Bei etwa 20 Prozent der Pati-

enten handelt es sich um andere neurologische Erkrankungen,

sie leiden unter „atypischen Parkinson-Syndromen“.

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„Jede Minute ohne Behandlung

sterben bei einem Schlaganfall

durch die mangelhafte Durchblu-

tung rund 14 Milliarden Nerven-

verknüpfungen im Gehirn ab.“

Mit dem Hirnultraschall lässt sich das Gehirn

sehr schonend untersuchen