Ausgabe 2 >2023

2 | 2023 Esslinger Gesundheitsmagazin 13 Dass wir Operationen schmerz- und stressfrei durchleben können, ist eigentlich beruhigend. Warum fürchten sich trotzdem so viele vor einer Narkose? „Wer unter Narkose steht, muss Kontrolle abgeben. Bei einer Vollnarkose geht das sogar so weit, dass man nicht mehr selbstständig atmet. Man muss sein Leben in die Hände eines anderen legen.“ PD Dr. Dr. Alexander Koch hat Verständnis für die Ängste der Patientinnen und Patienten. Narkoseärzte sind hochausgebildete Spezialisten Doch der Chefarzt beruhigt: Bei jeder Operation, egal ob geplant oder Not-OP, ist mindesten ein Spezialist ausschließlich dafür da, die Patientinnen und Patienten sicher durch die Narkose zu bringen: „Fachärztinnen und Fachärzte für Anästhesie sind am Klinikum Esslingen rund um die Uhr im Einsatz. Wir sind hochausgebildet und die heutigen Narkoseverfahren sind extrem sicher. Selbst wenn es während einer OP zu Komplikationen kommt, sind wir gut vorbereitet, da wir Notfallszenarien regelmäßig proben.“ Steht eine Operation an, macht die Anästhesistin oder der Anästhesist sich bereits im Vorfeld ein Bild. Auch wenn es schnell gehen muss, schauen die Fachleute genau hin: „Eine ältere Dame, die mit einem Oberschenkelhalsbruch in die Notaufnahme eingeliefert wird, bringt oft weitere, altersbedingte gesundheitliche Probleme mit. Wir passen die Narkose individuell auf die Patientin an und sorgen so für Sicherheit“, so PD Dr. Dr. Koch. Überwachung mithilfe modernster Technik Während der OP überwachen die Anästhesistin oder der Anästhesist laufend die Atmung und Vitalwerte. „Ältere Patienten leiden oft an Erkrankungen des Herzkreislaufsystems. Betroffene überwachen wir besonders engmaschig. Zum Beispiel, indem wir den Blutdruck invasiv, also direkt in der Arterie messen. Über Zugänge in Venen können wir, falls die Werte sich ändern, bei Bedarf sofort Medikamente geben.“ Je mehr Risikofaktoren jemand mitbringt, desto engmaschiger und invasiver gestalten die Fachleute das Monitoring. Dabei helfen hochmoderne Apparaturen und Messtechniken. „Wir bemerken geringste Abweichungen und können sehr schnell gegensteuern. Heute können wir daher auch hochbetagte oder schwerkranke Patienten operieren, die früher ein zu hohes Narkose-Risiko hatten.“ Genau im Blick haben die Anästhesisten auch die Narkosetiefe: Anhand von Narkosemittelkonzentrationen, Herz-Kreislauf- und Beatmungsparametern und weiteren Variablen messen und steuern sie fortlaufend den Bewusstseinszustand. „Die Sorge, mitten in der OP aufzuwachen, ist unbegründet“, versichert PD Dr. Dr. Koch. Delirprävention im Blick Eine weitere Sorge, die insbesondere ältere Menschen umtreibt: Funktioniert nach der Vollnarkose mein Gehirn noch richtig? „Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, nach einer Operation ein Delir zu durchleben“, so PD Dr. Dr. Koch. Die Betroffenen sind verwirrt, orientierungslos. Meist ist dieser Zustand vorübergehend. Bei älteren Patientinnen und Patienten besteht jedoch die Gefahr, dass das Delir eine dementielle Erkrankung auslöst oder verstärkt. Dass die NarkosePrivatdozent Dr. med. Dr. med. habil. Alexander Koch „ Die Sorge, mitten in der OP aufzuwachen, ist unbegründet.” Kontakt Klinikum Esslingen Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin Priv.-Doz. Dr. med. Dr. med. habil. Alexander Koch Chefarzt Telefon 0711 3103-3001 anaesthesie@klinikum-esslingen.de medikamente vordergründig verantwortlich für das postoperative Delir seien, sei aber ein Irrtum, so PD Dr. Dr. Koch. Auch sei das Delir-Risiko bei einer Vollnarkose nicht höher als bei einer Lokalanästhesie: „Entscheidend ist die Größe des Eingriffs: Eine Operation am offenen Herzen bedeutet ein wesentlich höheres Delir-Risiko als ein gebrochenes Schlüsselbein.“ „Heute weiß man auch: Alles, was ungewohnt ist oder Stress auslöst, fördert ein Delir. Wir erklären deswegen im Vorfeld alles genau und versuchen, im Gespräch Ängste aufzufangen.“ Für diejenigen, die nach der OP auf der Intensivstation überwacht werden müssen, versuche man „schützende Inseln“ zu schaffen, zum Beispiel durch Einzelzimmerunterbringung, Einhalten des Tag-Nacht-Rhythmus, sanfte Beleuchtung und beruhigende Farbkonzepte. „Wichtig für die Delirprävention ist auch, dass die Patientinnen und Patienten nicht länger als nötig an Schläuche und piepende Apparate angeschlossen sind.“ lj

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