2 | 2024 Esslinger Gesundheitsmagazin 45 „ Unser Anspruch ist es nicht nur, die pflegerische Grundversorgung sicherzustellen. Die Kurzzeitpflege ist therapeutisch und rehabilitativ ausgerichtet.“ „Ich werde in der Kurzzeitpflege sehr gut umsorgt. Ich bekomme Hilfe bei allem, was ich momentan nicht allein kann. Das Personal ist sehr aufmerksam und obwohl die Gäste nur vorübergehend hier sind, geht es alles andere als anonym zu“, erzählt Annelore Dezauer. Bis vor Kurzem lebte die 95-Jährige noch in der eigenen Wohnung. Dreimal am Tag schaute der Sozialdienst vorbei, die Tochter kochte das Essen. Das Modell funktionierte gut, bis Annelore Dezauer im Frühsommer eine Lungenentzündung bekam. Sie verbrachte längere Zeit im Klinikum Esslingen. Dort konnte man die lebensbedrohliche Krankheit erfolgreich behandeln. Einer Entlassung stand medizinisch gesehen nichts mehr im Weg, allerdings war die betagte Dame noch zu schwach, um allein zuhause zurechtzukommen. Zum Glück gibt es in Esslingen ein Angebot, das Menschen wie Annelore Dezauer auffängt. Verlässliches Angebot Vor rund eineinhalb Jahren haben die Städtischen Pflegeheime Esslingen eine solitäre Kurzzeitpflegeeinrichtung gegründet. Dort stehen 24 Plätze für Menschen zur Verfügung, die Überbrückungspflege benötigen. 16 der Plätze sind reserviert für Patientinnen und Patienten des Klinikum Esslingen. Zehn bis 15 Tage verbringen die meisten Pflegegäste in der Einrichtung. In vielen Fällen übernimmt die Pflegekasse einen Teil der Kosten, abhängig von Faktoren wie dem Pflegegrad. Liegt kein Pflegegrad vor, springt teilweise auch die Krankenkasse ein, wenn eine medizinische Indikation vorliegt. Untergebracht sind die Pflegegäste in einem eigenen Wohnbereich. Die vier Doppel- und 16 Einzelzimmer bieten eine wohnliche Atmosphäre, sind möbliert und mit Fernseher und W-LAN ausgestattet. „Ich fühle mich wohl hier“, sagt Annelore Dezauer. Dazu trägt auch das Essen bei: „Die Verpflegung im Obertor ist wirklich gut, denn alles wird im Haus selbst gekocht und ist immer frisch.“ Die Kurzzeitpflege kommt nicht nur Menschen wie Annelore Dezauer zugute, die, nach einem Krankenhausaufenthalt wieder zu Kräften kommen müssen. Auch wer die Zeit bis zur Reha überbrücken muss, profitiert. Genauso wie Menschen, die plötzlich, zum Beispiel nach einer Fraktur, dauerhaft pflegebedürftig werden: Während die Betroffenen in der Kurzzeitpflege sind, haben die Angehörigen Zeit, die häusliche Pflege zu organisieren oder einen festen Heimplatz zu suchen. „Und wir stärken auch denjenigen den Rücken, die zuhause einen Angehörigen pflegen. Wenn die Pflegenden krank oder im Urlaub sind, nehmen wir die Pflegebedürftigen in der Kurzzeitpflege auf“, sagt Thilo Naujoks, Leiter der Städtischen Pflegeheime Esslingen. Versorgungslücken verhindern „Früher konnten wir Kurzzeitpflegegäste nur aufnehmen, wenn gerade ein stationärer Platz frei war. Mit der solitären Kurzzeitpflege haben wir ein verlässliches Angebot geschaffen.“ Der Bedarf ist groß: „Wir nehmen pro Woche fünf bis zehn neue Gäste auf.“ Dafür, dass trotz so vieler Neuzugänge ein nahtloser Übergang von der Klinik in die Kurzzeitpflege gewährleistet ist, sorgt ein speziell ausgebildeter Case Manager. Schon bevor eine Patientin oder ein Patient aus dem Krankenhaus entlassen wird, findet eine enge Abstimmung mit dem Sozialdienst des Klinikum Esslingen ab. Alles soll vorbereitet, sein, wenn die Gäste in der Kurzzeitpflege eintreffen: Arztbrief, Medikamente, Therapierezepte. Im Pflegeheim findet dann ein Aufnahmegespräch mit Gästen und Angehörigen statt. Silvio Schuster, Pflegekoordinator der Städtischen Pflegeheime Esslingen, erklärt die Zielsetzung dieses Gesprächs: „Wir klären die Hilfebedürftigkeit ab, machen uns ein Bild über die Mobilität oder die kognitiven Fähigkeiten und schauen, ob die Gäste selbstständig essen können. Wichtig ist auch, potenzielle Risiken schnell einzuschätzen: Hat sich zum Beispiel bei einem Gast, der nach einem Oberschenkelhalsbruch zu uns kommt, durch die Fraktur das Sturzrisiko erhöht? Wie stark darf er das Bein belasten und was heißt das für die Pflege?“ Wenn alle Fragen geklärt sind, legen Case Manager und Pflege gemeinsam mit Gästen und Angehörigen Ziele für die Kurzzeitpflege fest. Basierend darauf wird ein Maßnahmenplan aufgestellt. Rehabilitative Pflege „Unser Anspruch ist es nicht nur, die pflegerische Grundversorgung sicherzustellen. Die Kurzzeitpflege ist therapeutisch und rehabilitativ ausgerichtet“, betont Silvio Schuster. „Wir sind keine Rehaklinik – aber wir wollen alle Gäste bestmöglich dabei unterstützen, nach einer schweren Krankheit oder einem Knochenbruch ihre Mobilität und Selbstständigkeit zurückzugewinnen. Dabei gilt es, schnell ins Tun zu kommen. Schließlich sind die Menschen in der Kurzzeitpflege nur eine begrenzte Zeit bei uns – und diese Zeit wollen wir optimal nutzen“, so Schuster. „Dank gut eingespielter Prozesse und einem auf Überbrückungspflege spezialisierten Team gelingt uns das gut“, sagt Thilo Naujoks. 20 Pflegefach- und -hilfskräfte, Alltagsbegleiterinnen und Betreuungsassistentinnen, eine Ergotherapeutin und ein Case Manager gehören zum Team der solitären Kurzzeitpflege. Zudem kümmern sich auch externe Kooperationspartner um das Wohl der Gäste: „Wir kooperieren mit der Hausarztpraxis Thilo Naujoks >>> Silvio Schuster
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