Ausgabe 2 >2021

Die Wurzeln der Hospizbewegung Das lateinische Wort hospitium bedeutet Herberge. Die Hospizbewegung hat ihre Wurzeln in den Herbergen, die ab Ende des 4. Jahrhunderts gesun- den und kranken Pilgern Gastfreundschaft gewähr- ten. Im Laufe der Zeit übernahmen die Herbergen schwerpunktmäßig die Pflege kranker Menschen. An diese Idee knüpft die moderne Hospizbewegung an, indem sie sicherstellen will, dass Schwerstkranke und Sterbende am Lebensende ihren Wünschen entsprechend versorgt und begleitet werden. Die moderne Hospizbewegung hat ihren Ursprung in England und breitete sich ab Ende der 1960er aus. In den 1980ern wurden in Deutschland die ersten hospizlichen Dienste und Einrichtungen gegründet. Die Hospizbewegung wird bis heute wesentlich vom Engagement Ehrenamtlicher mitgetragen. Quelle: Deutscher Hospiz- und Palliativverband e.V. www.dhpv.de Silvio Schuster selbst mit seinen konkreten Wünschen und Bedürfnissen. Wie diese erkannt und verwirklicht werden können, damit beschäf- tigt sich das Projekt „Beziehungsweise“. Hospizarbeit ist Beziehungsarbeit „Den Projektnamen haben wir gewählt, da es in der Hospiz­ arbeit immer auch darum geht, in eine Beziehung zum ster- benden Menschen zu treten“, sagt Projektinitiatorin Susanne Kränzle. „Hospiz beschreibt eine Haltung der sorgenden Gast- freundschaft: Ich bin ansprechbar für dich und übernehme eine Mitverantwortung dafür, dass du deine letzte Lebensphase so gut wie möglich erleben kannst. Um das zu erreichen, können Pflegekräfte auf viele fachliche Möglichkeiten zurück- greifen. Aber sie sind genauso stark als Mensch gefragt.“ Den Hospizgedanken auch über ihre eigene Einrichtung weiterzutragen ist Susanne Kränzle schon länger ein Anlie- gen. Gemeinsam mit Professor Dr. Andreas Heller von der Uni- versität Graz hat sie von 2017 bis 2018 das Projekt „Letzte Fragen – Esslingen im Dialog“ begleitet. „Wir wollten damals einen Impuls setzen und uns mit Bürgern und Institutionen auf den Weg zu einer sorgenden Stadtgesellschaft machen. Im Nachfolgeprojekt „Beziehungsweise“ geht es nun Thilo Naujoks >>> Susanne Kränzle Gibt es einen guten Tod? „Ja, soweit sich das von außen wahrnehmen lässt“, sagt Susanne Kränzle, Leiterin des Esslinger Hospiz. Aber wie war es, wenn es gut war? Dieser Frage gehen das Hospiz Esslingen, die Städtischen Pflegeheime Esslingen und die Uni­ versität Graz in einem gemeinsamen Projekt nach. Das Ziel: Die hospizliche Sorgekultur im Pflegeheim stärken. „Natürlich wollen wir als Pflegeheim zu allererst ein Ort sein, an dem Leben stattfindet. Aber wir können und wollen den Tod nicht verdrängen. Wir wollen unsere Bewohner im Ster- ben begleiten und ihnen ermöglichen, ein würdiges und selbstbestimmtes Leben bis zum Schluss zu führen“, sagt Thilo Naujoks, Geschäftsführer der Städtischen Pflegeheime Esslingen und fügt hinzu: „Die Unterstützung der ambulanten Esslinger Hospizdienste in der Sterbebegleitung ist und bleibt für uns sehr wertvoll. Gleichzeitig ist es mir ein riesiges Anlie- gen, auch unsere eigenen Mitarbeiter im Umgang mit Tod und Sterben zu stärken.“ Was braucht ein Mensch am Lebensende? Wie komme ich dar- über ins Gespräch? Wie begleite ich einen Sterbenden, ohne dabei selbst an meine Grenzen zu stoßen? Welche Rituale hel- fen den Hinterbliebenen, Abschied zu nehmen? Antworten auf solche und weitere Fragen wollen die Städtischen Pflegheime Esslingen, das Hospiz Esslingen und die Universität Graz jetzt in einem gemeinsamen Projekt finden. Finanziell ermöglicht wird es durch den Förderverein Hospiz Esslingen. „Fragt man Sterbende, wovor sie sich fürchten, hört man oft drei Dinge: Schmerzen, Alleinsein, Angstgefühle. Wenn man die Menschen diesbezüglich auffangen kann, wenn das Sterben also behütet wird, dann kann man von einem guten Sterben sprechen“, so Susanne Kränzle, Leiterin des Hospiz Esslingen der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde. Sie betont aber auch: „Sterben ist etwas sehr Individuelles.“ Weder gesellschaft- liche Vorstellungen, noch die Angehörigen sollten bei einer Sterbebegleitung im Zentrum stehen, sondern der Sterbende 2 | 2021 Esslinger Gesundheitsmagazin 45

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