Ausgabe 2 >2021

2 | 2021 Esslinger Gesundheitsmagazin 41 schleiß, Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall, Fettleber, Schlafapnoe und sogar Krebs. Hinzu kommen oft psychische Probleme: Essstörungen, Depressionen, soziale Ängste. „Ein krankhaft Adipöser sucht im Schnitt Fachleute aus elf verschie- denen medizinischen Disziplinen auf“, so Professor Staib. Methode der Wahl: Schlauchmagen (Sleeve) Anfang 2020 beschloß Markus Gilg, etwas zu unternehmen. Er stellte sich in der Adipositas-Sprechstunde des Klinikum Esslin- gen bei Oberarzt Dr. Clemens Poth, dem stellvertretenden Leiter des Adipositaszentrums, vor. „Bei ihm habe ich mich sofort super wohl gefühlt. Dr. Poth hat erklärt, mit welchen chirurgischen Möglichkeiten das Abnehmen unterstützt werden kann und mit mir einen Fahrplan für die nächsten Schritte aufgestellt.“ Dr. Poth rät Markus Gilg zu einer minimal-invasiven Schlauch- magen-Anlage, einer Operation, bei der 4/5 des Magens entfernt wird. Übrig bleibt ein schmaler, bananenförmiger Schlauch mit einem Fassungsvermögen von 150 Millilitern. Ein normal großer Magen kann zwei bis drei Liter fassen. Die Patienten können nach dem Eingriff nur noch kleine Portionen essen. Zusätzlich kommt es zu hormonellen Veränderungen, die das Hungergefühl redu- zieren. „Die Schlauchmagen-Anlage ist heute in der Adipositas- Chirurgie die erste Wahl“, so Professor Staib. Im Vergleich zu anderen Verfahren sei sie schonender: „Der normale Weg der Nahrung bleibt erhalten, Mangelerscheinungen treten seltener auf und man kann den Magen weiterhin per Magenspiegelung untersuchen.“ Seit Gründung des Adipositas Zentrums im Jahr 2011 wurden in Esslingen 222 adipöse Patienten operiert, 170 von ihnen mit dem Schlauchmagen-Verfahren. Dr. Christiane Lopes Es gibt aber auch Fälle, in denen die Esslinger Experten zu einem anderen Verfahren raten: Beim Magen-Bypass wird der Nah- rungsweg so umgestaltet, dass über den Zwölffingerdarm und den oberen Teil des Dünndarmes keine Nahrungsbestandteile mehr aufgenommen werden können. Zusätzlich erfolgt eine Reduktion des Magenvolumens. „Wenn ein Schlauchmagen nicht zur gewünschten Gewichtsabnahme ausreicht, legen wir einen Bypass an. Als primäre Maßnahme empfehlen wir den Eingriff für Diabetiker, da er den Blutzucker normalisieren kann“, so Professor Staib. Sowohl Magenbypass, als auch Sleeve Magen lassen sich nicht rückgängig machen, und in beiden Fällen müs- sen die Patienten ein Leben lang Nahrungsergänzungsmittel – Vitamine und Mineralpräparate – einnehmen. Zahlt die Kasse? Für Markus Gilg waren das keine Argumente, die gegen die OP sprachen. „Allerdings stellte sich mir die Frage: zahlt meine Krankenkasse?“ Nach den Leitlinien der Deutschen Adipositas- Gesellschaft, an denen sich auch die Kassen orientieren, sind chirurgische Eingriffe ab einem BMI von 40 kg/m² oder ab einem BMI über 35 und schweren Begleiterkrankungen zu erwägen. Außerdem sieht die Leitlinie eine OP nur vor, wenn die konser- vativen Therapien Ernährungsberatung, Verhaltenstherapie und Bewegung über sechs Monate versagt haben. Markus Gilgs Krankenkasse übernahm die Kosten. Ausschlagge- bend für die Zustimmung war aber nicht die Leitlinie, sondern die Empfehlung der Esslinger Experten. „In unserem Adipositas- board kommen Fachärzte aus allen relevanten Disziplinen zusam- men: Chirurgie, Psychosomatik, Diabetologie, Endoskopie, Innere Medizin und Schlafmedizin. Gemeinsam begutachten wir jeden Fall und sprechen gegebenenfalls eine OP-Empfehlung an die Krankenkasse aus. In der Regel folgen die Kassen dieser Emp- fehlung“, so Professor Staib. Im Juni 2020 wurde Markus Gilg operiert – coronabedingt etwas später als geplant. Vor dem Eingriff musste er eine spezielle Eiweißdiät einhalten. Ein paar Tage vor der OP wurde eine Magen- spiegelung durchgeführt. Der Eingriff selbst erfolgte minimalin- vasiv und dauerte circa 1,5 Stunden. „Gleich nach der OP dürfen die Patienten in kleinen Schlucken Flüssigkeit zu sich nehmen – Wasser, Brühe, Trink-Joghurt. Kohlensäurehaltiges ist Tabu. Nach circa 14 Tagen kann auf pürierte Kost umgestiegen werden, dann nach und nach auf feste Nahrung“, so Professor Staib. Die meisten Patienten bleiben fünf bis sieben Tage zur Beobach- tung im Krankenhaus. „Der Eingriff verlief bei mir ohne Kompli- kationen, und ich habe mich rundum gut betreut gefühlt. Für alle Fragen gab es immer einen Ansprechpartner“, Professor Dr. Ludger Staib >>> Rabea Schickel Markus Gilg vor (links) und einige Monate nach seiner Operation

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