Ausgabe 2 >2020

46 Esslinger Gesundheitsmagazin 2 | 2020 Die Geschichte der Strahlentherapie beginnt im Jahr 1895. Der Physiker Wilhelm Conrad Röntgen entdeckt eine „neue Art von Strahlen“. Die Ärzteschaft reagiert enthusiastisch, in ganz Europa und in den USA gehen Röntgenapparate in Betrieb. Neben der Diagnostik werden Röntgenstrahlen bald auch zur Behandlung von Tumoren eingesetzt. Doch dann treten bei Patienten und Ärzten unerwartet schwere Folgeschäden auf. Hatte man zu viel Hoff- nung in die neue Technik gesteckt? Nein. Heute, 120 Jahre später, ist die Strahlentherapie aus der Krebsbehandlung nicht mehr wegzudenken. „Insbesondere in den letzten zwei Jahrzehnten hat es wahre Quantensprünge gegeben. Die akuten und chronischen Nebenwirkungen einer Strahlen­ therapie konnten enorm reduziert werden, die Heilungschancen der Patienten haben sich stark verbessert“, weiß PD Dr. Frank Heinzelmann aus eigener Berufserfahrung: Der habilitierte Radioonkologe arbeitete und forschte über 20 Jahre am Universitätsklinikum Tübingen, bevor er im Juli ans Klinikum Esslingen wechselte und dort den Posten des Chefarztes am Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Strahlentherapie und Radioonkologie übernahm. Bestrahlung ist Präzisionsarbeit Dr. Heinzelmann erklärt das Prinzip einer Strahlentherapie: Mit- hilfe von extrem energiereicher Strahlung wird die Erbsubstanz von Krebszellen geschädigt. Die Zellen können sich nicht mehr teilen, das Tumorwachstum wird gehemmt, der Tumor wird zerstört. Die Strahlen wirken jedoch nicht nur spezifisch auf Krebszellen, daher ist es wichtig, gesundes Gewebe zu schonen. Dies wird mit der modernen Bestrahlungstechnik erreicht. „Heute definieren wir nicht nur das Bestrahlungsfeld auf den Millimeter genau, sondern variieren zusätzlich innerhalb des Feldes die Strahlungsintensität. Intensity Modulated Radiation Therapy (IMRT) nennt man dieses Verfahren. Ziel der IMRT ist es, möglichst viele Tumorzellen zu zerstören und gleichzeitig das gesunde Nachbargewebe zu schonen.“ Bevor am Klinikum Esslingen eine Therapie beginnt, wird die Bestrahlung also punktgenau geplant: „Wir führen eine Computer­ tomographie durch. Anhand des dreidimensionalen CT-Bildes könnenwir Größe und Lage von Tumoren oder Metastasen sowie das gesunde Normalgewebe präzise erfassen“, berichtet Dr. Hein- zelmann. Mithilfe einer speziellen Software berechnet ein Medi- zinphysiker die ideale Bestrahlungsdosis für das Tumorgewebe und für den nachgeschalteten Lymphabfluss unter Berücksichtigung des umgebenden gesunden Normalgewebes. Bei jedem Bestrah- lungstermin wird routinemäßig ein Kontroll-CT durchgeführt, um eine Lagekontrolle durchzuführen und gegebenenfalls Größen­ veränderungen des Tumors unter der Radiotherapie zu erfassen. Meilensteine in der Krebsbehandlung PD Dr. Frank Heinzelmann ist seit Juli neuer Chefarzt des MVZ Strahlentherapie und Radioonkologie am Klinikum Esslingen. Er bringt über 20 Jahre klinische Erfahrung mit. „Das spannende an der Strahlen- therapie ist, dass die Wissenschaft in diesem Bereich täglich voranschreitet“, sagt der habilitierte Radioonkologe.

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