Ausgabe 2 >2019

8 Esslinger Gesundheitsmagazin 2 2019 >>> auf den Brustkorb aufgesetzt. Aus dem Bild des Ultraschallgerä- tes kann der Kardiologe die Form des Herzens und dessen Beweg- lichkeit erkennen. Das Herz wird anschließend vermessen. So kön- nen Vergrößerungen einzelner Herzkammern und Verdickungen der Herzwände diagnostiziert werden. Außerdem sieht der Arzt Veränderungen an den Herzklappen und Bewegungsstörungen des Herzmuskels. Wird bei der Ultraschalluntersuchung eine Herzschwäche, eine Herzinsuffizienz, festgestellt, müssen zuerst die Ursachen abge- klärt werden. Liegt keine Durchblutungsstörung des Herzmuskels, eine Rhythmusstörung oder ein Herzklappenproblem zugrunde, wird dann in aller Regel mit Medikamenten behandelt. „Dazu müs- sen die Patienten aber mitarbeiten, denn sowohl die richtige Medi- kamentenanpassung, als auch das Beachten der Verhaltensregeln seitens des Patienten, sowie der regelmäßige persönliche Kontakt zumHausarzt und zum Kardiologen sind für den Erfolg der Behand- lung enorm wichtig“, sagt Dr. Borst. Verkalkte Arterien: Arteriosklerose Unmittelbare Ursache vieler Herzerkrankungen sind verkalkte Arterien, die sogenannte Arteriosklerose. Vor allem die Herzkranz- gefäße, die Halsschlagader, die Bauch- und die Beinschlagadern können betroffen sein. Dabei bilden sich an den Gefäßinnenwän- den sogenannte Plaques. Das sind Fettablagerungen, die mit einer mehr oder weniger festen Schicht, der Plaquemembran überzogen sind. Werden diese Plaques größer, können sie schließlich den Blutfluss verengen. Das kann eine ganze Weile unbemerkt bleiben. Irgendwann aber verspüren die Betroffenen bei körperlichen Anstrengungen Druck im Brustkorb, die sogenannte Angina pec- toris, bei der das Herz die nötige Pumpkraft nicht mehr adäquat leisten kann und Luftnot auftritt. Bei Engpässen in den Beinarte- rien äußert sich die Verengung beim Gehen durch heftige Schmer- zen in den Waden. Wenn die Verengung schließlich zu einem Ver- schluss führt, wird das umliegende Gewebe nicht mehr ausreichend versorgt und ein Infarkt tritt auf. Es kann aber auch passieren, dass der Plaque aufreißt und eine Plaqueruptur auftritt, wodurch eine Aktivierung von Blutplättchen mit einem Thrombus resultieren kann. Sofort wird dann der Blut- gerinnungsmechanismus in Gang gesetzt und ein Herzinfarkt kann entstehen. Eine Thrombose in den Venen wird beispielsweise durch Schäden an der Gefäßinnenwand, eine Verlangsamung des Blut- flusses und eine Blutverdickung begünstigt. Für Patienten, die unter einer Arteriosklerose leiden, die schon eine Thrombose oder einen Herzinfarkt erlitten haben, ist deshalb die Blutverdünnung eine gängige Behandlungsmethode. Acetylsali- cylsäure ist dazu das einfache Mittel. Sehr häufig erhalten die Patienten aber Phenprocoumon, das die Blutgerinnung herabsetzt. „Das Problem bei Phenprocoumon ist, dass die Gerinnungswerte stark schwanken und deshalb permanent kontrolliert werden müs- sen“, erläutert Professor Leschke. Mit den sogenannten NOAKs gibt es inzwischen eine bessere Alternative, die „sich jederzeit sicher im wirksamen therapeutischen Bereich“ befindet. Die aktu- ellen kardiologischen Behandlungsleitlinien setzten die NOAK- Substanzen deshalb auf Platz 1 der Therapieoptionen zur Blutver- dünnung. Mehrere Pharmafirmen bieten den Wirkstoff inzwischen in Tablettenform an. Verstopfte Herzkranzgefäße – schlechte Herzmuskelversorgung Dramatisch kann es werden, wenn eine Arteriosklerose, eine Ver- kalkung der Arterien, die Herzkranzgefäße verstopft. Der Herz- muskel wird dann nicht mehr genügend mit Sauerstoff versorgt. Das betroffene Muskelgewebe stirbt innerhalb kurzer Zeit ab, bis schließlich der Herzmuskel nicht mehr arbeiten, das Herz seine Funktion als Blutpumpe nicht mehr leisten kann. Diagnose: Herz- infarkt. Bei sehr gravierenden Gefäßverschlüssen von großen und wichtigen Versorgungsgefäßen kann das dramatisch schnell gehen. Bei begründetem Verdacht, dass Herzkranzgefäße stark verkalkt sind und die Gefahr eines Verschlusses besteht, bewahren heute Untersuchungen und Eingriffe, sogenannte Interventionen, mit dem Herzkatheter die Patienten vor gravierenden gesundheitlichen Folgen. „Früher hat man den Patienten nach einem Herzinfarkt vier Wochen fest ins Bett gelegt“, berichtet Dr. Borst. „Heute the- rapieren wir erfolgreich mit dem Herzkatheter, der ab den 1980er Jahren zunehmende Verbreitung fand.“ In der kardiologischen Gemeinschaftspraxis ist Dr. Rima Merher die Spezialistin für den Einsatz des Herzkatheters. Regelmäßig behandelt sie Patienten, deren Herzkranzgefäße durch eine Arteriosklerose bereits verengt sind, im Herzkatheterlabor des Klinikums Esslingen. Über eine feine Nadel wird der Katheter in die Handgelenkarterie – in manchen Fällen in die Leistenbeuge – eingeführt und unter Röntgenkontrolle durch die Blutgefäße bis in die Herzkranzgefäße geführt. Die Auswahl des Zugangswegs wird in jedem Einzelfall individuell bestimmt. Die verengte Stelle kann dann aufgedehnt und von innen mit einer Gitternetzprothese, einem sogenannten Stent, stabilisiert werden. „In der Vergangenheit war häufig mit Wiederverengungen durch Zuwachsen in den Stents zu rechnen. Heute erlauben uns die modernen, medikamentenbeschichteten Stents, die wir jetzt ausschließlich einsetzen, die Komplikations- rate von ehemals zirka 20 Prozent auf heute etwa fünf Prozent zu senken“, erläutert Dr. Merher. „Die Gefahr von Thrombosen und die Wiederverschlussraten sind geringer und die Sicherheit für den Patienten ist insgesamt höher.“ Die Behandlung der verengten oder verstopften Herzkranzgefäße entwickelt sich rasant zu individualisierten Lösungen. In der Ver- gangenheit wurde die Einschätzung des Verengungsgrades haupt- sächlich mittels Röntgen optisch beurteilt. Jetzt gewinnen moderne Methoden, wie Druckmessung direkt nach der verengten Stelle, Ultraschall innerhalb des Herzkranzgefäßes etc. zunehmende Bedeutung. Das hochmoderne Herzkatheterlabor des Klinikums Esslingen ermöglicht diese komplexe Diagnostik bei jedem Pati- enten. Die Beseitigung von Durchblutungsstörungen kann sowohl mittels Herzkatheter als auch mittels Bypasschirurgie erfolgen. Bei der Entscheidung über die Methode werden sowohl die Besonderhei- ten der Verteilung der Engstellen im Gefäßsystem des Patienten, das Alter und Begleiterkrankungen, wie zum Beispiel Diabetes berücksichtigt. Eine enge Zusammenarbeit mit Herzchirurgen aus Stuttgart ermöglicht eine optimale Patientenversorgung. „Seit einigen Jahren werden sogenannte bioresorbierbare Scaf- folds-Gefäßstützen, die sich nach 24 Monaten selbst auflösen, erprobt, berichtet Dr. Merher. „Die Idee finde ich exzellent: Nach der Auflösung der Milchsäure verbleibt kein Fremdmaterial im Gefäß und folglich wird die natürliche Flexibilität der Gefäß- wand im Gegensatz zu herkömmlichen Stents wiederhergestellt.“ >>>

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