Ausgabe 2 >2019
2 2019 Esslinger Gesundheitsmagazin 21 Behandlung beim nieder gelassenen Arzt Damit auch der Hausarzt und/oder weiter- behandelnde Einrichtungen über den posi- tiven Befund informiert werden, enthalten die Entlassungspapiere den MRE-Überleit- bogen des MRE Netzwerks Baden-Würt- temberg. Dieser Bogen wird vom behan- delnden Arzt imKrankenhaus ausgefüllt und gibt Hinweise zur weiteren Behandlung. Niedergelassene Ärzte wie Dr. Rainer Gran- eis aus Ostfildern übernehmen dann die weitere sogenannte Dekontamination. „Ziel ist es, den MRSA-Keim abzutöten“, sagt er. Dazu wird nach einem sogenannten Sanierungsschema vorgegangen: Fünf Tage lang muss der betroffene Patient drei Mal täglich eine desinfizierende Nasensalbe anwenden und mit einer desinfizierenden Mundspülung Gurgeln oder sie mittels Tupfer im Mund und Rachen auftragen. Zusätzlich muss der Patient drei Tage lang mit einer speziellen Waschlösung duschen und dabei Haut und Haare reinigen. „Täg- lich müssen Bettwäsche, Handtücher und Kleidung gewechselt werden und bei min- destens 60 Grad in der Waschmaschine gewaschen werden“, sagt Dr. Graneis. Gebrauchsgegenstände wie Brille, Hörge- rät oder Prothesen müssen täglich desin- fiziert werden. „Für die Zeit der Behandlung rate ich den Patienten, für Zahnbürsten und Kämme Einmalartikel zu verwenden und diese nach Gebrauch zu entsorgen.“ Denn auch auf diesen Gegenständen kön- nen die Keime überleben und den Betrof- fenen immer wieder belasten. Nachdem der erste Zyklus der Dekon- tamination abgeschlossen ist, wird ein erneuter Abstrich genommen, um den aktuellen Keimstatus zu erfassen. Eine weitere Kontrolle erfolgt nach drei bis sechs Monaten und die abschließende Untersuchung nach einem Jahr. „In der Regel können wir die Keime mit einem Zyklus erfolgreich behandeln. Selten ist ein zweiter Zyklus erforderlich“, sagt Dr. Graneis. Bleibende Schäden müssen die Patienten nicht fürchten; in einigen Fällen wird die Haut durch die spezielle Wasch- lösung angegriffen. Das Sanierungsschema ist für Angehörige oder das Pflegepersonal im Altenheim aufwendig, führt aber zum Erfolg. „Für gesunde Menschen ist der Keim kein Problem. Um kranke und geschwächte Menschen zu schützen, ist Hygiene sehr wichtig“, sagt Dr. Graneis. Maßnahmen zeigen Wirkung Und auch der Aufwand des Teams am Kli- nikum Esslingen zeigt Wirkung. „Den MRSA-Keim haben wir sehr gut im Griff und wir wissen, was zu tun ist“, sagt Dr. Maier. Zudem hat es am Klinikum Esslingen noch nie einen sogenannten epidemiologi- schen Ausbruch gegeben. Unter einem epi- demiologischen Ausbruch verstehen Exper- ten eine Infektion von mehr als zwei Patienten mit dem gleichen nosokomialen Keim. Damit das so bleibt, gilt der erste Blick am Morgen und mehrfach im Tagesverlauf der Übersicht der bakteriologischen und virologischen Laborergebnisse. aw Regelmäßige interne Hygiene- schulungen Mindestens in acht Schulungen im Jahr bringt das Team der Krankenhaushygiene die Pflegekräfte und Ärzte auf den neues- ten Stand. „Jeder muss wissen, was zu tun ist, wenn ein Patient positiv getestet wurde“, sagt Kai Kilger. Denn ein positives Screeningergebnis bedeutet für den Pati- enten in den meisten Fällen die Aufnahme in ein Isolationszimmer mit strengen Vor- gaben zu Desinfektionsmaßnahmen, Klei- derordnung, Müllentsorgung und Endreini- gung mittels Scheuer-Wisch-Desinfektion. Alle Maßnahmen zur Hygiene werden immer in Absprache mit dem Personal getroffen und dokumentiert. Denn nur wenn die Vorgaben auch im Alltag umsetz- bar sind, werden sie angewendet und der Infektionsschutz greift. Ein Patient mit dem Verdacht oder einem positiven Ergebnis auf MRSA muss isoliert werden. „Die Isolations- und die entspre- chenden Hygienemaßnahmen werden erst dann wieder aufgehoben, wenn das Ergeb- nis des Abstrichs an drei aufeinanderfol- genden Tagen negativ war“, sagt Dr. Maier. Bei VRE, 4MRGN gelten zur Aufhebung einer Isolationmaßmahme erweiterte Regeln. Laut RKI-Richtlinie dürfen diese Patienten erst dann aus dem Isolationszim- mer verlegt werden, wenn drei negative Abstriche jeweils im Abstand von einer Woche vorliegen. Um die Aufmerksamkeit aller Mitarbeiter für den besonderen Umgang mit den Pati- enten zu garantieren, hat das Team der Krankenhaushygiene seit Anfang dieses Jahres ein neues SAP-System im Einsatz. „Wir haben das System nach unseren Vor- gaben programmieren lassen. Zu jedem Einzelfall können Besonderheiten hinterlegt werden, und isolierpflichtige Patienten wer- den gesondert gekennzeichnet“, erklärt Hygieniker Kilger. Klinikum Esslingen Abteilung Klinikhygiene Kai Kilger k.kilger@klinikum-esslingen.de Kontakt Dr. Jürgen Maier Dr. Rainer Graneis Kai Kilger Labor Enders & Kollegen Dr. Jürgen Maier, Dipl. Biologe und Krankenhaushygieniker Technische Leitung Telefon 0711 3103-83264 j.maier@labor-enders.de Hausärztliche Gemeinschafts praxis Nellingen Dr. Rainer Graneis Hindenburgstr. 55 73760 Ostfildern-Nellingen Telefon 0711 3411-478
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