Ausgabe 2 >2019
„Ich rate dringend von Dr. Google ab“, sagt Dr. Rudolf von But- ler, zieht eine gelbe DIN A4 Mappe hervor, klappt sie auf und breitet den Inhalt auf dem Tisch aus: Merkblätter, die die wich- tigsten Fakten rund um verschiedene Infektionskrankheiten und Schutzimpfungen zusammenfassen. Der Kinderarzt gibt allen Eltern, die mit ihren Neugeborenen in seine Esslinger Praxis kommen, umfangreiches Aufklärungsma- terial zum Thema Schutzimpfungen mit. „Impfen erhält Leben“, sagt Dr. von Butler mit Nachdruck. Er betont aber auch: „Wir Kinderärzte sind verpflichtet, fair und ergebnisoffen zu infor- mieren. Die Impfentscheidung für das Kind treffen die Eltern.“ Auf strikte Impfgegner treffe er in seiner Sprechstunde selten, berichtet der Kinderarzt, aber natürlich gäbe es Eltern, die genau nachfragen – zum Beispiel nach der Sicherheit und Verträglich- keit einzelner Impfstoffe. „Medikamente, die in Deutschland zugelassen sind, unterliegen strengen Qualitätsauflagen“, beru- higt er dann und fügt hinzu: „Moderne Impfstoffe sind gut ver- träglich. Unter anderem liegt das daran, dass die Medikamente heute erheblich weniger Inhaltsstoffe als früher aufweisen. Außerdem werden inzwischen häufig Kombinationsimpfstoffe eingesetzt. Das Kind muss also weniger Piekser über sich erge- hen lassen.“ Unerwünschte Impfreaktionen sind zwar trotz medizinischem Fortschritt möglich, die meisten sind jedoch unbedenklich und klingen spätestens nach ein paar Tagen von allein wieder ab. Zu den typischen Beschwerden zählen Rötungen, Schwellungen oder Schmerzen an der Impfstelle, manche Kinder reagieren mit Fieber. Kommen Lebendimpfstoffe, wie im Falle der kombinier- ten Masern-, Mumps- und Rötelnschutzimpfung, zum Einsatz, können mitunter leichte Symptome einer Infektion auftreten. „Ernsthafte Impfkomplikationen sind äußerst selten“, sagt Dr. von Butler. Gelegentlich muss er in seiner Impfsprechstunde trotzdem den ein oder anderen „Impfmythos“ ausräumen. So kursiert im Internet zum Beispiel die These, Impfen erhöhe das Autismus-Risiko. Anders als der virtuelle „Dr. Google“ hilft der reale Kinderarzt Eltern dabei, solche Informationen richtig ein- zuordnen. „Die Autismus-These fußt auf einer Studie aus dem Jahr 1998, die der Autor aufgrund methodischer Fehler später zurückzog. Nachfolgende großangelegte Studien haben den Zusammenhang zwischen Autismus und Schutzimpfungen wis- senschaftlich widerlegt“, so Dr. von Butler. Der Impffahrplan: STIKO-Kalender Sind alle Fragen geklärt, stellt Dr. von Butler gemeinsam mit den Eltern den Impfplan für das Kind auf. Dabei orientiert er sich am Impfkalender der Ständigen Impfkommission, kurz STIKO. Die STIKO, eine 18-köpfige, ehrenamtliche Expertengruppe, wird vom Bundesgesundheitsministerium berufen und ist an das Robert-Koch-Institut angeschlossen. Das Gremium tagt zwei- mal jährlich, prüft den neuesten Stand der Wissenschaft und gibt aktuelle Impf-Empfehlungen heraus. Impfungen, die von der STIKO befürwortet werden, werden von den gesetzlichen Krankenkassen in der Regel gezahlt. Wer im Internet nach dem Begriff „Impfen“ sucht, findet nicht nur seriöse Aufklärungsangebote, sondern stößt mitunter auch auf hochemotional geführte Pro- Contra-Debatten. Kein Wunder, dass das manche Eltern verunsichert. Zwei Esslinger Kinderärzte geben Orien- tierungshilfe: Warum sind Schutzimpfungen bereits im Säuglingsalter wichtig? Wie verträglich sind heutige Impfstoffe? Und wer stellt eigentlich die Impf-Empfeh- lungen für mein Kind auf? Impfen schützt 16 Esslinger Gesundheitsmagazin 2 2019
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