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Esslinger Gesundheitsmagazin
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(Aneurysma), die einem plötzlichen Blut-
druckanstieg nicht standhält. „Das können
ganz alltägliche Dinge sein wie schweres
Heben, starkes Drücken oder Pressen, es
kann aber auch völlig spontan zu einer
Gefäßruptur kommen“, so Dr. Sperber.
Betroffen sind hier häufiger junge Men-
schen. Klassisches Symptom ist ein plötz-
lich einschießender heftigster Kopf-
schmerz, der zu Bewusstlosigkeit führen
kann.
Spezialstation Stroke Unit
„Alle Patienten mit Schlaganfall sollten
so schnell wie möglich auf eine Stroke
Unit gebracht werden“, sagt Dr. Sperber.
„Hier kann unter bestimmten Vorausset-
zungen versucht werden, ein Blutgerinn-
sel zum Beispiel innerhalb von maximal
4,5 Stunden aufzulösen.“ Aber auch hier
ist der Erfolg umso größer, je früher der
Patient versorgt wird. „Wir erleben immer
wieder, wie Patienten noch während der
Lyse wieder mit dem Sprechen anfangen
oder sich eine ausgeprägte Lähmung
zurückbildet“, sagt der Neurologe. Ein für
ihn immer noch schönes Erlebnis.
Eine Stroke Unit ist eine Spezialstation zur
Akutbehandlung von Schlaganfallpatien-
ten, die mit allen notwendigen und spe-
ziellen Geräten ausgestattet ist. „Von der
Intensität der Betreuung ähnelt sie einer
Intensivstation“, sagt der Chefarzt, „mit
der einzigen Ausnahme, dass in der Stroke
Unit keine Beatmungspatienten betreut
werden.“ Wenn ein Patient auf die Stroke
Unit eingeliefert wird, werden zunächst
alle lebensrettenden Maßnahmen durch­
Was tun, wenn’s passiert?
Wer bei sich selbst oder seinem Partner die
Symptome eines Schlaganfalls entdeckt,
sollte als allererstes den Notarzt rufen:
Der Notruf lautet 112.
Der Notruf gilt europaweit sowohl auf dem
Handy als auch vom Festnetz. Sie sollten der
Leitstelle den Verdacht auf Schlaganfall mit-
teilen, alle Symptome schildern, alle Fragen
beantworten und erst auflegen, wenn die
Leitstelle den Anruf beendet.
Der Notarzt trifft innerhalb von wenigen
Minuten ein. In dieser Zeit sollten Sie die Klei-
dung des Betroffenen lockern, Fenster öffnen,
ihn beruhigen und mit ihm sprechen. Bei
Übelkeit oder Bewusstlosigkeit den Patienten
in die stabile Seitenlage bringen. Wenn Sie
keine Atmung oder Puls spüren, führen Sie
Mund-zu-Mund-Beatmung und Herz­massage
durch.
In der Regel trifft der Notarzt die Entschei-
dung, wo der Patient hingebracht wird. „Ist
eine Stroke Unit in der Nähe, wird er diese
ansteuern“, sagt Dr. Sperber. Ist jedoch die
Situation lebensbedrohlich, wird der Ret-
tungswagen ins nächstmögliche Kranken-
haus fahren.
„Schon während der Lyse kann
sich eine ausgeprägte Lähmung
zurückbilden.“
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Dr. Wolfgang Sperber mit seinem Team
auf Visite
geführt. Anschließend stellen die Ärzte
mittels Computertomografie und gege-
benenfalls im zweiten Schritt Kern­
spintomograf ie fest, um welche Art
Schlaganfall es sich handelt. Bei Bedarf
kann jederzeit eine Angiografie, das heißt
eine Gefäßdarstellung mit Kontrastmit­-
tel, durchgeführt werden. Bei Verdacht
auf eine Subarachnoidalblutung muss
manch­mal zusätzlich eine Lumbalpunk-
tion erfolgen. Handelt es sich um einen
ischämischen Schlaganfall, entscheiden
die Ärzte ob und wenn ja welche Art von
Lyse durchgeführt wird.
„Auf der Stroke Unit arbeiten ausschließ-
lich neurolo­gische Fachärzte oder Assis-
tenten in der Facharztweiterbildung“,
erklärt Dr. Sperber. Kooperationen im
Haus, besonders mit der Neuroradiologie,
Kardiologie und Gefäßchirurgie, ermögli-
chen schnelles Handeln, wenn zum Bei-
spiel ein Stent in der Halsschlagader
(Carotis) gelegt werden muss, oder die
Halsschlagader operativ eröffnet und die
Stenose (Engstelle) beseitigt wird.
In speziellen Fällen arbeitet die Esslinger
Stroke Unit auch mit anderen Kranken-
häusern zusammen, etwa mit der Neuro-
chirurgie und der Neuroradiologie im
Klinikum Stuttgart. Dorthin werden bei­
spiels­weise Patienten verlegt, wenn Blu-
tungen operativ ausgeräumt werden
müssen oder ein Blutgerinnsel medika-
mentös nicht aufgelöst werden kann.
Dann muss die Lyse mechanisch erfolgen.
Die große Erfahrung der Stuttgarter Kol-
legen ermöglicht es, dass fast jeder
Thrombus mit einem speziellen Katheter
entfernt werden kann. Die Zusammenar-
beit ist hervorragend, die Zahl derartig
behandelter Patienten ist in den letzten
Jahren deutlich gestiegen. „So können wir
sehr viele Patienten retten, die früher
keine Überlebenschance gehabt hätten.“