Ausgabe 1 >2021
1 | 2021 Esslinger Gesundheitsmagazin 9 Ein weiteres wichtiges Augenmerk bei Patienten mit Leberzir- rhose liegt darauf, gefährliche Komplikationen zu verhindern oder zu behandeln: Krampfaderbildungen in der Speiseröhre zum Beispiel, oder Wasseransammlungen im Bauchraum. „Die moderne Medizin bietet vielfältige Möglichkeiten, solchen Komplikationen vorzubeugen und sie zu behandeln“, sagt Pro- fessor Wege. TIPS: Innovative Methode So konnte auch Günter Rudolf geholfen werden: Nachdem seine erste Krampfaderblutung erfolgreich gestillt wurde, bekam Rudolf einen Betablocker verschrieben. Doch das blutdrucksenkende Medikament reichte nicht aus, um ausreichend Druck von der Pfortader zu nehmen. „Nach zehn Tagen ist erneut eine Krampf- ader geplatzt“, berichtet Rudolf. Professor Wege rät ihm darauf- hin zu einem operativen Eingriff: „Wir haben bei Herrn Rudolf einen transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunt, kurz TIPS, eingesetzt“, so Professor Wege. „Der Eingriff erfolgt per Katheter über die Halsvene. Mithilfe einer kleinen Metall- Röhre schaffen wir eine künstliche Verbindung zwischen der Pfortader, durch die das Blut in die Leber fließt und den ablei- tenden Lebervenen. Wir legen also eine Umleitung um die Leber, ein Teil des Blutes kann abfließen und wir entlasten die Pfortader. Das beugt dem Aufreißen von Krampfadern vor und verhindert sogar auch, dass es zu Wasser im Bauch kommt.“ Obwohl Günter Rudolf vor dem Eingriff Bedenken hatte, ist er heute erleichtert: „Mir geht es gut, ich habe seitdem keine Beschwerden mehr mit den Krampfadern.“ Nicht jedes Krankenhaus führt den komplexen Eingriff durch. Auch im Klinikum Esslingen gehört TIPS erst seit Kurzem zum Portfolio. Mit Professor Wege, der im August 2020 vom Uni- versitätsklinikum Hamburg-Eppendorf nach Esslingen wech- selte, hat das Klinikum einen ausgewiesenen Leberexperten gewonnen, der auch große Erfahrung mit TIPS mitbringt: Rund siebzigmal wurde der Eingriff in Hamburg pro Jahr durchge- führt. „Nicht für jeden Patienten ist das Verfahren die richtige Lösung. Voraussetzung ist unter anderem, dass die Leber noch über eine ausreichende Entgif tungsfunktion ver fügt und das Herz stark genug ist.“ Vor dem Eingriff stehe daher eine ausführliche, interdisziplinäre Diagnostik, bei der der Gesamt- zustand des Patienten betrachtet werde, so Professor Wege. Risikofaktor Leberkrebs Patienten mit einer Leberzirrhose tragen auch ein erhöhtes Risiko für Leberkrebs. „Mithilfe regelmäßiger Untersuchungen und moderner Diagnoseverfahren gelingt es bei diesen Pati- enten aber häufig, den Leberkrebs so früh ausfindig zu machen, dass er mit einer lokalen Therapie behandelt werden kann“, bemerkt Professor Wege. Nobelpreis für den Kampf gegen Hepatitis C Der Nobelpreis für Medizin ging 2020 an die drei Wissenschaftler, die das Hepatitis-C-Virus erforschten. Eine durch Hepatitis C bedingte Leberentzündung kann chronisch verlaufen und langfristig zum Tod führen. Dank den beiden US-amerikanischen Virologen und dem britischen Biochemiker kann Hepatitis C heute vollständig geheilt werden. >>> Übergewicht zählt heute zu den häufigsten Auslösern chronischer Lebererkrankungen
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NTQxOTA=