Ausgabe 1 >2021
30 Esslinger Gesundheitsmagazin 1 | 2021 Ein Freitag im Februar. Eine junge Frau schiebt einen Kinder- wagen durch die Straßen von Neuhausen. Die Sonne scheint. Das Baby schläft friedlich. Ganz normaler Familienalltag? „Heute haben wir das Sauerstoffgerät mal zuhause gelassen“, sagt Meike Breining. „Samuel kommt inzwischen gut ein paar Stunden ohne aus.“ Samuel ist knapp ein Jahr alt. Er kann sich über Kleinigkeiten halb kaputtlachen und robbt ehrgeizig quer durch die Woh- nung. Am meisten aber liebt er es, sich bei seiner Mutter in den Arm zu kuscheln. „Er ist sehr anhänglich. Das kommt sicher noch aus der Anfangszeit…“, sagt Meike Breining und stockt. Ihr fällt es noch heute schwer, über Samuels Start ins Leben zu sprechen. Denn der war alles andere als einfach. Samuel kommt in der 26. Schwangerschaftswoche, 14 Wochen zu früh, auf die Welt. Er wiegt nur 965 Gramm, seine Lunge ist noch nicht voll ausgereift. Im Perinatalzentrum Level 1 des Klinikum Esslingen werden sehr kleine Frühgeborene wie Samuel opti- mal intensivmedizinisch betreut. Dort steht modernste Medi- zintechnik bereit und ein hochqualifiziertes Team aus Ärzten und Pflegekräften kümmert sich rund um die Uhr um die klei- nen Patienten. Sehnsucht nach Normalität In der ersten Zeit muss Samuel kontinuierlich beatmet werden. Eine lebensnotwendige Maßnahme, aber auch eine Belastung für seine zarte Lunge. Es kommt zu Komplikationen, doch Samuel ist ein Kämpfer. Nach drei Monaten in der Klinik ist er so stabil, dass seine Eltern ihn mit nach Hause nehmen dürfen. Einerseits ist Meike Breining erleichtert: „Jeden Morgen in die Klinik, sich jeden Abend wieder verabschieden. Und immer diese Angst. Wir hatten am Ende große Sehnsucht nach einem Stück Normali- tät.“ Andererseits weiß die 31-Jährige: Von echter Normalität ist die Familie auch nach der Entlassung noch weit entfernt. Samuels Lungenkapazität ist noch nicht so weit hergestellt, dass er ohne zusätzliche Sauerstoffversorgung auskommt. „Anfangs hatten wir Sorge, ob das alles gut geht zuhause. Aber Frau Molfenter hat zu mir gesagt: Sie packen das. Und da habe ich ihr geglaubt“, sagt Meike Breining. Anja Molfenter hat viel Erfahrung im Umgang mit Frühgebo- renen. Seit 29 Jahren arbeitet sie als Kinderkrankenschwester, seit 2011 am Klinikum Esslingen. Dort leitet sie auch die Sozial medizinische Nachsorge. Ihr Team besteht aus drei Kinder- krankenschwestern, einer Sozialpädagogin und einer Ärztin. Behütet nach Hause Natürlich freuen sich alle, wenn das Frühgeborene oder kranke Kind nach einem langem Klinik aufenthalt nach Hause darf. Doch der neue Alltag birgt Herausforderungen, praktischer wie auch psychologischer Art. Die Sozialmedizinische Nachsorge hilft, zuhause anzukommen. Meike Breining mit Samuel
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