Ausgabe 1 >2018
46 Esslinger Gesundheitsmagazin 1 2018 >>> Im Anfang aber war die neue Situation für alle schwierig. „Die Nachbarn, alle in ähn- lichem Alter wie meine Mutter, sagten: wie können Sie Ihre Mutter ins Altenheim geben!“, erzählt Sabine Bohnet. Die Fami- lie aber hat die Mutter häufig besucht und immer wieder abgeholt – zu einem Spaziergang durch die nahe Esslinger Alt- stadt und zu Familienfeiern. „Sehr positiv sind auch die vielen Angebote für die Bewohner hier im Obertor, vom Singen über das Strickkaffee, die Spielnachmit- tage bis zu den regelmäßigen Gottes- diensten im großen Saal.“ Viele Jahre war Klara Stark im Kirchengemeinderat aktiv gewesen. Aus ihrer Wohnung jedoch war ihr der Kirchenbesuch kaum noch mög- lich. Jetzt im Pflegeheim kann sie wieder regelmäßig am Gottesdienst teilnehmen. Als gelernte Diätassistentin hat Klara Stark zudem einen ganz besonderen Blick auf das Essen in ihrem Pflegeheim. So ist sie seit einigen Jahren im Küchenaus- schuss der Städtischen Pflegeheime und im Heimbeirat aktiv. Zunehmend schwieriger sei für ihre Mut- ter, die geistig noch fit und sehr rege ist, dagegen das Zusammenleben mit den an einer Demenz erkrankten Mitbewohne- rinnen und -bewohnern, sagt Sabine Boh- net. „Im Laufe der Jahre hat deren Zahl zugenommen, was auch das Pflegeperso- nal stärker fordert, das weniger Zeit hat, den einzelnen Bewohnern zuzusprechen. Darunter leidet meine Mutter.“ Aber sie hat auch Verständnis für die Pflegekräfte, die mit viel Engagement alle Bewohner gut versorgen. Wenige Tage nach unserem Gespräch ist Klara Stark für alle unerwartet ver- storben. Heike Strecker und ihre Schwiegermutter im Pflegeheim Berkheim „Die Einschränkungen durch ihre Parkin- son-Erkrankung hat meine Schwieger- mutter nie akzeptiert. Das Pflegeheim war für sie deshalb ganz arg schlimm“, sagt Heike Strecker. Wir treffen sie sechs Wochen, nachdem ihre Schwie- germutter, Karin Strecker, mit 73 Jahren gestorben ist. „Nachdem ich meine Schwiegermutter täglich besucht, ihr zuletzt jeden Tag das Essen gereicht habe, bin ich nach ihrem Tod in ein tie- fes Loch gefallen.“ Inzwischen ist sie wieder regelmäßig im Pflegeheim Berk- heim, begleitet als Ehrenamtliche andere Bewohner, hilft beim Essen und ist auch im Heimbeirat aktiv. „Man bekommt so viel zurück von den Bewoh- nern, wenn man sich ihnen zuwendet, mit ihnen redet und sie unterstützt.“ In fünf Minuten kann sie zu Fuß von ihrer Wohnung das Pflegeheim erreichen, wo zuvor schon die Oma und ein Onkel ver- sorgt worden waren. So kennt Heike Stre- cker das Pflegeheim Berkheim schon lange. Und als die Schwiegermutter zu Hause nicht mehr allein bleiben konnte, war das Haus wieder die erste Wahl. Eine atypische Parkinson-Erkrankung war bei Karin Strecker diagnostiziert worden. Dabei verkrampfen die Muskeln immer wieder und immer häufiger. So war sie immer wieder gestürzt, hatte sich Kno- chen gebrochen und war schließlich auf den Rollstuhl angewiesen. So kam sie mit 68 Jahren ins Pflegeheim Berkheim, umgeben von hochbetagten, pflegebe- dürftigen und dementen Mitbewohnern. „Was soll ich hier, ich kann doch alles“, habe sie immer wieder geklagt und auf die Schwiegertochter geschimpft, die sie ins Heim gebracht hatte. Nachdem sie immer mal wieder auch aus dem Rollstuhl gefallen war, wurde sie mit einer Sitzhose fixiert: Das ist eine freiheitsentziehende Maßnahme, die vom Gericht bestätigt werden muss. „Auf Anraten unserer Steu- erberaterin hatten wir für meine Schwie- gereltern schon früh eine Generalvoll- „Man bekommt so viel zurück von den Bewohnern, wenn man sich ihnen zuwendet, mit ihnen redet und sie unter stützt.“ Heike Strecker (links) mit Pflegeheim-Mitarbeiterin Tabea Maier, im Pflegeheim Berkheim „Ich wollte sie, die hier gebo ren und aufge wachsen war, trotz ihrer Erkrankung im Stadtteil prä sent halten.“
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