Ausgabe 1 >2018

1 2018 Esslinger Gesundheitsmagazin 43 Orthopäden, Haus- und Kinderärzte überweisen Patienten mit der Verdachtsdiagnose Depression in die Klinik. Vielen dieser Patienten fehlt noch die Krankheitseinsicht. Denn immer noch werden Patienten mit psychischen Erkrankungen, wie mit einer Depression, stigmatisiert. Die Betroffenen schämen sich, gestehen ihrer Umwelt und oft auch sich selbst die Erkran- kung nicht ein. In der Klinik arbeitet das multiprofessionelle therapeutische Team aus Ärzten, Pflegekräften und Spezialtherapeuten nach einem sogenannten multimodalen Behandlungsansatz eng zusammen und tauscht sich regelmäßig über die einzelnen Pati- enten aus. Nach einem individuellen Therapieplan erhalten die Patienten Einzel- und Gruppenpsychotherapie, nehmen an Musik-, Kunst- sowie Tanz- und Bewegungstherapien teil. „Die Psychotherapie hat bei uns einen sehr hohen Stellenwert“, erklärt Dr. Nolting. „Dabei arbeiten wir nach dem biopsycho- sozialen Modell.“ Dahinter steckt die Erkenntnis, dass eine Erkrankung regelmäßig nicht nur eine Ursache hat, sondern durch biologische, psychische und soziale Komponenten beein- flusst ist. Daher kommen je nach Indikation auch Medikamente in Absprache mit den Patienten zur Anwendung. Sechs bis zwölf Wochen bleiben die Patienten in der Klinik und damit deutlich länger als bei körperlichen Erkrankungen. Denn: „Die Therapie einer Depression kann man nicht forcieren.“ Dabei ist es Dr. Nolting wichtig, auch das Lebensumfeld in die Behand- lung einzubinden. So gibt es „Belastungserprobungen“, für die die Patienten die Klinik verlassen oder auch ein Wochenende zu Hause verbringen. „Unser wohnortnaher Standort erlaubt es uns zudem, anders als in einer Klinik auf der grünen Wiese, auch Angehörige für Paar-, Eltern- oder Familiengespräche in die Therapie einzubeziehen.“ Nach dem Klinikaufenthalt empfiehlt Dr. Nolting seinen Patienten in der Regel eine ambulante Weiterbehandlung. „Eine stationäre Behandlung gibt den Patienten oft erst einmal wieder Boden unter den Füßen.“ Die Sinne sind wieder geschärft, in der therapeutischen Gemeinschaft der Klinik haben die Patienten viel mit anderen erlebt und soziale Kontakte geknüpft. Danach geht es darum, unter den Bedin- gungen des normalen Alltagslebens weiter zu machen, um die Depression zu überwinden. so Immer voll belegt In der Erwachsenenabteilung der Klinik für Psycho- somatische Medizin und Psychotherapie stehen 19 Betten für eine stationäre Behandlung sowie 20 teil- stationäre Behandlungsplätze zur Verfügung. Die Hälfte der teilstationären Plätze ist für Patienten mit Traumafolgestörungen reserviert – einem weiteren Schwerpunkt der Klinik. Die Abteilung für Jugendliche im Alter zwischen 14 und 21 Jahren verfügt über 14 stationäre Betten und zehn teilstationäre Behand- lungsplätze. Sowohl die stationären als auch die teilstationären Bereiche der Klinik sind regelmäßig voll belegt, was den Bedarf an Behandlungsmöglichkeiten deutlich macht. Im Rahmen des psychosomatischen Konsildienstes werden darüber hinaus Patienten aus den anderen medi- zinischen Fachdisziplinen des Klinikums Esslingen, die im Rahmen ihrer Grunderkrankungen psychische Störungen entwickeln, mitbetreut. Im Schnitt sind Patienten mit einer Depression 54,2 Tage krankgeschrieben. 2016 wurden je 1.000 BKK-Mitglieder (ohne Rentner) 13,5 Männer (2006: 6,5) und 21,3 Frauen (2006: 13,0) wegen einer Depression krankgeschrieben. Depression ist die dritthäufigste Einzeldiagnose bei einer Krank- schreibung. Dr. Björn Nolting Klinikum Esslingen Klinik für Psycho- somatische Medizin und Psychotherapie Chefarzt Dr. Björn Nolting Telefon 0711 3103-3101 psychosomatik@ klinikum-esslingen.de

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