Ausgabe 1 >2018
40 Esslinger Gesundheitsmagazin 1 2018 Keine Ruh' trotz Augen zu Um den Schlaf der Deutschen ist es schlecht bestellt. Schlafstörungen gehö- ren hierzulande zu den häufigsten gesundheitlichen Beschwerden. Umfragen zufolge leiden aktuell 25 Prozent der Erwachsenen an Schlafstörungen, ca. zwölf Millionen sind deshalb sogar in ärztlicher Behandlung. Ihre Ursachen liegen häufig in einem gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus. Rund zwei bis sechs Prozent der Erwachsenen haben eine so ernsthafte Schlaferkrankung, dass sie sich in einem Schlaflabor behandeln lassen sollten. Denn gestörter Schlaf kann erhebliche gesundheitliche Folgen haben. Ab dem Frühjahr 2018 können sich Pati- enten mit Schlaferkrankungen im Schlaf- labor am Klinikum Esslingen bei Schlaf- medizinerin und Oberärztin Dr. Vera Wienhausen-Wilke untersuchen lassen. Insgesamt vier Plätze werden zur Verfü- gung stehen. Der Bedarf dafür ist da: „Rund 80 verschiedene schlafmedizini- sche Erkrankungen gibt es“, erklärt die Medizinerin. Per Definition leidet der Patient unter einer Schlafstörung, wenn er über einen längeren Zeitraum hinweg entweder einem Mangel an nächtlichem Schlaf oder einem übermäßigem Schlaf- bedürfnis ausgesetzt ist. Die Ursachen einer Schlaferkrankung können organi- scher oder anorganischer Natur sein. Zu Dr. Wienhausen-Wilke kommen aber nur zwei bis sechs Prozent der Betroffenen, nämlich die, die unter einer organischen Schlafstörung leiden. Mitten im Schlaf wach Eine der häufigsten organischen Erkran- kung ist die sogenannte obstruktive Schlafapnoe. Dabei kann es mitunter zu Atmungsaussetzern kommen. Dr. Wien- hausen-Wilke erklärt: „Im Schlaf veren- gen sich die Atemwege, wodurch es zu einer Sauerstoffunterversorgung im Blut kommt. Dadurch schüttet der Körper Stresshormone aus und der Blutdruck steigt. Der Patient wacht auf, schnappt nach Luft und schläft weiter. Häufig bemerken die Betroffenen dieses Erwachen gar nicht.“ Den Prozess des kurzen Erwachens nennt Dr. Wienhausen-Wilke Mikroarou- sal. Die Folge ist eine andauernde Tages- müdigkeit, auch Hypersomnie genannt. Für den Patienten entsteht daraus das Problem, das die normale Schlafarchitek tur zerstört ist, er sich größtenteils im Leichtschlaf befindet und die erholsamen Tiefschlaf- und REM- Phasen (Rapid-Eye- Movement, emotionaler Traumschlaf) fehlen. Betroffen sind häufig Menschen jenseits der 40 Jahre mit leichtem bis mittlerem Übergewicht und durch die Schlafstörun- gen bedingtem hohem Blutdruck. „Im Schlaflabor sind Frauen als Patienten deutlich unterrepräsentiert, da Beschwer- den wie nächtliches Schwitzen, Aufwa- chen mit schnellem Herzschlag und depressive Stimmungslage hormonellen Schwankungen in Folge der Wechseljahre zugeschrieben werden“, gibt sich die erfahrene Schlafmedizinerin besorgt. „Häufig wird daher bei Frauen erst einmal in die falsche Richtung ‚ermittelt‘, ehe die tatsächliche Ursache, nämlich die Schlafapnoe, festgestellt wird.“ „Dank der Behandlung verspüren die Betroffenen erstmals nach langer Zeit wieder das Gefühl, nach dem Aufwachen wirklich wach zu sein und am Leben teil haben zu können.“
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MTU2Njg=