Ausgabe 1 >2018
1 2018 Esslinger Gesundheitsmagazin 31 Klinikum Esslingen Onkologisches Zentrum Leiter Professor Dr. Michael Geißler Telefon 0711 3103-2452 onkologischeszentrum@ klinikum-esslingen.de gesundheitlich Probleme bereitet oder zum Tode führt. „Ungefähr 40 Prozent der Männer über 50 haben ein unbemerktes Prostatakarzinom“, zitiert er aus wissen- schaftlichen Studien. „Nur bei 16 Prozent entwickelt sich daraus im Laufe ihres Lebens eine klinisch relevante Krebser- krankung. Von diesen sterben ein Viertel. Von 100 Männern mit einem unbemerk- ten Prostatakarzinom sterben also tat- sächlich nur drei daran.“ Für die anderen bestehe die Gefahr der Übertherapie, bei einer Operation oder Strahlentherapie mit den Risiken Inkontinenz und Impotenz. Insbesondere bei älteren Männern sieht er wenig Sinn: „Bei einer durchschnitt- lichen Lebenserwartung von 80 bis 85 Jahren bringt ein PSA-Screening über das 70. Lebensjahr hinaus keinen Vorteil, da einerseits ein positiver Effekt des PSA Screenings erst frühestens nach zehn Jahren greift, andererseits die meisten dieser Männer selbst mit einem Prostata- karzinom an einer anderen Krankheit wie einer Herz-Kreislauferkrankung, einem Schlaganfall oder einer anderen aggres- siven Krebserkrankung sterben“, urteilt Professor Geißler. Der PSA-Test sei daher im Gegensatz zu anderen Vorsorgeunter- suchungen, wie dem Hautkrebsscreening, der Gebärmutterhalskrebsvorsorge oder der Darmspiegelung zur Früherkennung von Darmkrebs, weniger effektiv und könne nur für jüngere Männer empfohlen werden. Auch wenn ein Prostatakarzinom bereits entdeckt wurde, muss nicht immer gleich die radikale Therapie anlaufen. Denn Prostatakarzinome können unterschied- lich aggressiv sein, was sich aber erst durch eine Biopsie feststellen lässt. „Bei einem wenig aggressiven Tumor ist eine aktive Überwachung ein mögliches Vor- gehen“, erklärt Urologe Dr. Cimniak. Dabei wird der Tumor mit regelmäßigen PSA- Tests und Wiederholungs-Biopsien beob- achtet. Professor Geißler ergänzt, dass Studien ergeben haben, dass Männer mit einem weniger aggressiven Prostatakar- zinom nicht von einer Operation oder Strahlentherapie profitieren. „Wenn wir allerdings die aggressiven Tumore bei jüngeren Männern durch den PSA-Test finden, haben die durch Operation und Bestrahlung einen Überlebensvorteil“, so Professor Geißler. so wichtige Frage. Denn Prostata-Krebs tritt familiär gehäuft auf. Ist die Prostata ver- größert? Dann kann es sich eventuell um eine gutartige Vergrößerung handeln, die zunächst entsprechend behandelt wird. Auch eine Prostata-Entzündung gilt es auszuschließen. „Ziel ist es, unnötige Biopsien der Prostata zu vermeiden“, erklärt Dr. Cimniak. Denn eine Biopsie ist immer ein belastender Eingriff, aber eben auch die einzige Methode, mit der Tumor- gewebe zweifelsfrei nachgewiesen wer- den kann. Der Urologe rät Männern um die 40, den PSA-Wert untersuchen zu lassen, um so einen Startwert zu haben. „Im Übrigen schreiben die medizinischen Leitlinien vor, dass wir Männer in diesem Alter über den Sinn des PSA-Wertes aufklären müssen.“ Anschließend sollte der Wert regelmäßig untersucht werden. Normal sind Werte unter 1 bis 2. Bei älteren Männern kann der Wert auch etwas höher liegen. „Für einen Mann über 60 ist auch ein PSA von 4 noch im Rahmen.“ Bei einem Anstieg des PSA-Wertes müsse dann individuell gehandelt werden. Bei Männern über 80 werde man etwa den PSA-Wert weiter beobachten, aber nur in ausgesuchten Fällen sofort eine Therapie beginnen. „Nach 30 Jahren praktischer Arbeit als Urologe gibt es für mich nichts Sinn- volleres als den PSA-Test“, urteilt Dr. Cimniak. Allerdings gelte es, durch sorgfältiges Abwägen und zusätzliche Untersuchungen die Schwächen des PSA-Tests auszuschalten. Dann aber sei der PSA-Wert die beste Möglichkeit, ein Prostatakarzinom frühzeitig zu ent- decken und erfolgreich zu behandeln. Zurückhaltug bei älteren Männern Professor Dr. Michael Geißler, Leiter des Onkologischen Zentrums im Klinikums Esslingen, ist bei der Empfehlung für den PSA-Test zurückhaltender: „Ich denke, dass man in Anlehnung an die medizini- schen Leitlinien jungen Männern ab 45 Jahren mit Aufklärung über Risiken und Vorteile einen PSA-Test anbieten kann, bei positiver Familienanamnese sogar sollte. Je älter die Männer sind, desto zurückhaltender sollte die Empfehlung für einen PSA-Test sein.“ Ein allgemeines PSA-Screening für alle Männer hält er dagegen wegen der damit ausgelösten unnötigen Biopsien und unnötigen Pros- tataentfernungen oder Strahlentherapien für problematisch. Denn nicht jedes Pros tatakarzinom ist so aggressiv, dass es Praxis Dr. Ulrich Cimniak Berliner Straße 23 73728 Esslingen Telefon 0711 359424 praxis@dr-cimniak.de Dr. Ulrich Cimniak Professor Dr. Michael Geißler
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