Ausgabe 1 >2018

1 2018 Esslinger Gesundheitsmagazin 25 >>> Zu hohe Cholesterinwerte im Blut können jedoch zu einer ernst- haften gesundheitlichen Gefahr werden, weiß Professor Dr. Mat- thias Leschke, Chefarzt der Klinik für Angiologie, Kardiologie und Pneumologie am Klinikum Esslingen. Es gibt inzwischen gesicherte Erkenntnisse darüber, dass erhöhtes Cholesterin das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen signifikant steigert. Was genau dabei im Körper passiert, beschreibt Professor Leschke so: „Cholesterin ist nicht gleich Cholesterin. Wir unter- scheiden das HDL- (High Denisty Lipoprotein) von dem LDL- Cholesterin (Low Densitiy Lipoprotein). Diese Lipoproteine sind Fette, die an ein Eiweiß gebunden sind und das Cholesterin durch den Körper schleusen. Während das HDL-Cholesterin überflüssige Fette und Cholesterine in die Leber transportiert, wo diese abgebaut werden, wird das LDL-Cholesterin in die Gefäßwand aufgenommen, abgelagert und oxidiert. Das heißt, es wird chemisch verändert. Durch die Oxidierung regt sich die Produktion weißer Blutkörperchen, insbesondere der Makro- phagen, an, die die oxidierten Cholesterine aufnehmen, ver- stoffwechseln und in Schaumzellen umwandeln. „Sobald diese Umwandlung vollzogen ist, beginnt der Prozess der Gefäßver- engung, auch Arteriosklerose genannt.“ Hohe HDL-Cholesterin- Konzentrationen können wiederum LDL-Cholesterin aus der Gefäßwand freisetzen. Reißt die „Plaque-Schulter“ droht Gefahr Doch damit der Körper funktionieren kann, muss das Blut unge- hindert durch die Arterien fließen. Die Schaumzellen hindern es jedoch daran. Durch sie entstehen gelbe, fettähnliche Ablage- rungen in den Arterien, sogenannte fatty streaks, aus denen sich über Jahre Plaques bilden. Und genau hier besteht die Gefahr, warnt der Professor. „Wenn Patienten hohe Cholesterinwerte haben, haben diese Plaques häufig einen flüssigen Kern, in dem aggressive Enzyme und Zellen enthalten sind. Bei Stress, abrup- ten Bewegungen oder beim Sport, aber auch bei Rauchern und bei Blutdruckspitzen kann es zu einer Plaque-Ruptur an der „Schulter“, also den Randzonen des Plaques, kommen. Der fett- haltige Plaquekern ergießt sich dann in das Gefäß und führt zur Plättchenaggregation und damit zu einem Gerinnsel, das für den Verschluss des Gefäßes verantwortlich ist.“ Das Blut kann nicht mehr fließen und ein Herzinfarkt entsteht. Besonders häufig von derartigen arteriellen Gerinnunsbildungen betroffen sind Bein- arterien, Herz-Kranz-Gefäße oder die Halsschlagader. Doch wie entsteht der erhöhte Cholesterinwert im Körper? Pro- fessor Leschke erklärt, dass das für unseren Stoffwechsel nötige Cholesterin eigentlich in ausreichendem Maße von der Leber hergestellt wird. Ein normaler Cholesterinwert bei einem Erwachsenen liegt bei weit unter 200 mg/dl. Durch eine fett- reiche, vor allem auf tierischen Produkten basierende Ernährung kann der Cholesteringehalt im Blut stark steigen. „Bis in die 1950er Jahre gab es, bedingt durch Mangelernährung während des Krieges und danach, in Deutschland keinen einzigen cho- lesterinbedingten Herzinfarkt. Erst ab der Zeit des Wirtschafts- wunders und des neuen Wohlstandes der Deutschen, steigt auch die Zahl der Infarkte.“ Daran zeigt sich deutlich, welche Auswirkung die Ernährung auf die koronare Herzerkrankung haben kann. Eine Vielzahl an Risikofaktoren Um zu erkennen, ob ein Patient einen zu hohen Cholesterinwert hat, messen Professor Leschke und seine Kollegen im Labor das Gesamtcholesterin im Blut. Hier spielen wieder die HDL- und LDL-Werte eine Rolle. Aus beiden setzt sich das Gesamtcholes- terin zusammen. „Während sich das LDL-Cholesterin in den Arterien ablagerte, sorgen die HDL-Werte dafür, dass überschüs- siges Cholesterin aus dem Blut in die Leber transportiert und dort abgebaut wird. In der Medizin nennt man diesen Vorgang „reversen Cholsterintransport“. Das HDL-Cholesterin sorgt also für einen niedrigeren Cholesterinspiegel und wird daher auch häufig als das „gute“ Cholesterin, LDL hingegen als „schlechtes“ Cholesterin bezeichnet. Dabei gilt: je niedriger der HDL- und je höher der LDL-Wert, desto höher auch das Risiko einer Herz- Kreislauferkrankung. Professor Leschke mahnt dennoch an: „Wir dürfen das Choles- terin nie isoliert betrachten. Die Gefahr einer Arteriosklerose besteht immer aus einer Vielzahl an Risikofaktoren. Dazu zählen erhöhte Cholesterinwerte, aber eben auch, ob jemand raucht, einen hohen Blutdruck hat und übergewichtig ist oder ein Dia- betes mellitus besteht.“ Man möchte meinen, dass durch eine gezielte Erhöhung des HDL-Cholesterins das Risiko einer Arteriosklerose gebannt sei. Doch ganz so einfach ist es nicht. „Das HDL-Cholesterin hat viele verschiede Funktionen. Es transportiert nicht nur die ‚bösen‘ LDL-Cholesterine zurück in die Leber, sondern hat auch eine entzündungshemmende Wirkung. Auch bei der Wundheilung spielt das HDL-Cholesterin eine besondere Rolle“, so Professor Leschke. Man weiß also nicht, ob bei einer HDL-Erhöhung auch automatisch der gewünschte Effekt der Gefäßwandprotektion erzielt wird. Professor Dr. Matthias Leschke „Statine sind der einzige Weg, Risikopatienten dauerhaft und effektiv vor Gefäßerkrankungen zu schützen und das damit verbundene erhöhte Sterblich­ keitsrisiko, zu senken.“

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