Ausgabe 1 >2018
18 Esslinger Gesundheitsmagazin 1 2018 >>> implantiert werden. Beim sogenannten bikondylären Vollschlitten bleiben die Sei- tenbänder, das hintere Kreuzband sowie die Gelenkkapsel, erhalten. „Um die Pro- these einsetzen zu können, muss aber das vordere Kreuzband entfernt werden“, erklärt Professor Degreif. Beim sogenann- ten inneren, unikondylären Teilschlitten dagegen kann das vordere Kreuzband erhalten werden. Voraussetzung ist aber, dass nur der innere Teil des Gelenks geschädigt ist und dass die Patienten keine X-Beine haben. An wenigen anderen Kliniken werde der Teilschlitten auch bei Schädigungen am äußeren Teil des Gelenks eingesetzt, erzählt Professor Degreif. Da die Datenlage dazu aber dürf- tig sei, wendet er den sogenannten äuße- ren Teilschlitten nicht an. Der innere Teilschlitten verspricht vor allem bessere funktionelle Resultate; die Patienten sind beweglicher. „Aber man muss auch bedenken, dass die Revisionsrate im Vergleich zum Vollschlitten höher ist.“ Gerade bei älteren Menschen sei das wichtig zu bedenken, wo jede weitere Operation im vorangeschrittenen Alter ein Risiko darstelle. Die Operation dauert eineinhalb Stunden Bei einem instabilen Gelenk, das nicht mehr durch die Seiten- und Kreuzbänder stabilisiert wird, wird eine verkoppelte Pro- these mit einem Scharnier implantiert. Diese Prothese wird auch verwendet, wenn die Fehlstellung der Beine stark ausgeprägt ist. Rund zwei Stunden benötigen die erfahrenen Chirurgen und Orthopäden, um eine verkoppelte Prothese einzusetzen. Bei den Schlittenprothesen geht es etwas schneller und dauert ein bis eineinhalb Stunden. Seit 17 Jahren wenden die Operateure dabei ein computernavigiertes Verfahren an. „So können wir das Ziel der OP deutlich besser erreichen und mit mehr Präzision und Sicherheit operieren.“ Verankert werden alle Prothesen im Ober- schenkel- und Schienbeinknochen. Dabei wird zur Implantation immer Knochenzement verwendet. Die Prothesen bestehen aus Metall sowie einer PE-Scheibe. Zu den Risiken der Operation gehören Blutungen und eine Ver- letzung der Nerven, in deren Folge der Fuß dann hängt. Das Infektionsrisiko und die Gefahr einer Lungenembolie und von Nachblutungen sind gering. Voraussetzung ist, dass der Patient soweit gesund ist – das gilt vor allem für die Füße. Schwere Durchblutungsstörungen können ein Grund sein, warum Profes- sor Degreif den Eingriff nicht vornimmt. „Bei jedem Patienten taste ich vor der OP die Füße ab und überprüfe die Fußpulse. Stelle ich dabei Auffälligkeiten fest, überweise ich den Patienten in die Gefäßchirurgie“, betont Professor Degreif. In der Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie am Klinikum Esslingen unter der Leitung von Professor Dr. Florian Liewald wird dann bei einer Angiographie der Zustand der Gefäße untersucht. Erst wenn die Gefäßchirurgen ihr OK geben, operiert Professor Degreif. Drei bis fünf Tage nach der Operation werden die Patienten bei der multimodalen Schmerztherapie über zwei Schmerzkatheter mit Schmerzmitteln direkt imGelenk versorgt. Durchschnittlich zehn Tage werden die Patienten nach der Operation auf der Station betreut; für die meisten schließt sich dann eine ambulante oder stationäre Reha an. Ausschlaggebend für die Entlassung sind die gute Wundheilung, Selbstständigkeit des Patienten und ob der Patient das Knie strecken und beugen kann. „Wenn das alles bereits nach fünf Tagen gute Ergebnisse zeigt, dann entlassen wir den Patienten auch früher“, sagt Professor Degreif. Wichtig sei, dass der Patient auch zuhause die vom Physiotherapeuten empfohlenen Übungen macht. Professor Degreif vergleicht dabei den Physiotherapeuten mit einem Trainer und den Patienten mit einem Athleten. „Der Trainer gibt dem Athleten Tipps, wie er sich verbessern kann. Schwitzen und trainieren, um eine Medaille zu gewinnen, muss der Athlet aber ganz allein.“ aw Klinikum Esslingen Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie Chefarzt Professor Dr. Jürgen Degreif Telefon 0711 3103-2651, -2652 unfallchir@klinikum-esslingen.de Der bikondyläre Oberflächenersatz, auch „Vollschlitten“ genannt, ist seit Jahren der inter nationale Goldstandard in der Knieprothetik, rechts das dazugehörige Röntgenbild Das Kniegelenk ist das größte Gelenk im menschlichen Kör- per. Es stellt die bewegliche Verbindung zwischen Oberschenkel und Unterschenkel dar. Aufstehen, Hinsetzen, Laufen und Springen wären ohne das Kniegelenk nur schwer möglich. Das Zusammenspiel aus Knochen und Knorpeln, Muskeln, Sehnen und Bändern im Kniegelenk ergibt zusammen ein Dreh- Scharnier-Gelenk.
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