Ausgabe 1 >2018
1 2018 Esslinger Gesundheitsmagazin 11 >>> Professor Dr. Thorsten Kühn Dr. Gergely Bodon Professor Dr. Michael Geißler Eigentlich gehören Knochen zu den här- testen Strukturen des menschlichen Kör- pers. Doch auch sie können porös werden. Dann sprechen Fachleute von Osteopo- rose, auch Knochenschwund genannt. „Bei Osteoporose steigt das Risiko für eine Fraktur, also einen Knochenbruch, stark an“, sagt Professor Dr. Michael Geißler, Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Onkologie/ Hämatologie, Gast- roenterologie und Infektiologie am Klini- kum Esslingen. Fachleute wie Professor Geißler unterscheiden zwei Typen von Osteoporose. Von der sogenannten pri- mären Osteoporose Typ I sind die meisten Patienten betroffen – vor allem Frauen ab dem 60. Lebensjahr. „Ursache hierfür ist der Rückgang der Sexualhormone Östro- gen und Testosteron nach der Meno- pause“, erklärt Professor Dr. Thorsten Kühn, Chefarzt der Klinik für Frauenheil- kunde und Geburtshilfe am Klinikum Esslingen. Denn durch den Mangel an Östrogen, demweiblichen Sexualhormon, kommt das Gleichgewicht zwischen Kno- chenaufbau und Abbau durcheinander. „Je kürzer der Zeitraum zwischen Beginn und Ende der Periode bei einer Frau, desto geringer ist die Knochendichte“, sagt Professor Geißler. Denn in der Pubertät wird durch die hohe Konzentration an Sterioidhormonen, also den Sexualhor- monen, der Knochen aufgebaut. Keine Hormonersatztherapie bei Knochenschwund Bis vor 15 Jahren haben Frauen daher eine Hormonersatztherapie gegen die Oseteoporose erhalten. Doch aus zahlrei- chen wissenschaftlichen Studien weiß man inzwischen, dass durch die Gabe von Östrogenen das Risiko für Brustkrebs stark ansteigt. „Es gibt sicherlich Gründe, warum eine Hormonersatztherapie für viele Frauen sinnvoll ist. Die Prävention von Osteoporose gehört aber ganz ein- deutig nicht dazu“, betont Professor Kühn, der in den onkologischen Zentren des Klinikums Esslingen viele Frauen mit Brust- und anderen gynäkologischen Tumorerkrankungen behandelt. Vom Typ II der primären Osteoporose sind auch Männer betroffen. Häufig werden die über 70- jährigen Patienten mit einem Bruch des Hüft- oder Oberschenkelkno- chens eingeliefert. Ursache für diese Frakturen sind dann neben dem Hormon- mangel (bei Männern und Frauen), der natürliche Alterungsprozess sowie Bewe- gungs- und Vitamin D-Mangel. Die dritte Formmit der es die Experten am Klinikum Esslingen zu tun haben, ist die sekundäre Osteoporose. Von ihr sind Patienten betroffen, die an einer Erkrankung der Nebennieren, Schilddrüse oder Neben- schilddrüse leiden. Auch Erkrankungen wie Rheuma führen zu einem erhöhten Risiko für Knochenschwund. Rauchen lässt den Knochen porös werden Neben dem Rückgang des Hormonspie- gels gibt es weitere Faktoren, die den Knochen porös werden lassen: Rauchen, Alkoholkonsum, ein niedriger Body-Mass- Index, Diabetes sowie unzureichende Bewegung und Vitamin D-Mangel. „Zu wenig körperliche Aktivität ist die Haupt ursache für Osteoporose“, sagt Professor Kühn. Denn ähnlich wie beimMuskel wird der Knochen durch Bewegung aufgebaut und gestärkt. Um Frakturen zu vermeiden, raten die Experten vom Klinikum Esslingen Patien- ten die Knochendichte in regelmäßigen Abständen messen zu lassen. Bei Patien- ten, die zu einer der genannten Risiko- gruppen gehören, weil sie beispielsweise Kortison einnehmen, ist die regelmäßige Knochendichtemessung dringend not- wendig. Aber auch postmenopausale Frauen, also Frauen, die keine Periode mehr haben sollten sich untersuchen lassen. Die Knochendichtemessung ist eine sogenannte IGEL-Leistung, das heißt sie wird von den gesetzlichen Kranken- kassen nicht bezahlt. „Wir raten Frauen aber dazu, diese Untersuchung vorneh- men zu lassen, um rechtzeitig auf einen möglichen Knochenschwund zu reagie- ren“, betonen beide Mediziner. Dabei sollen Frauen darauf achten, dass bei der Knochendichtemessung die standardi- sierte DXA-Methode angewendet wird. Gemessen wird dabei die Dichte des Hüft- knochens und der Lendenwirbel. Bei dieser Messung werden zwei Werte ermittelt: der T- und der Z-Score. Der Z-Score vergleicht die Knochendichte der gemessenen Person mit "Normalpersonen im gleichen Alter und mit gleichem Geschlecht", während der T-Score den Dichtewerte der gemessenen Person mit denen eines normalen jungen Erwachse- nen (20–30 Jahre alt) in Relation stellt. Die Ergebnisse bilden die Grundlage für die nächsten Schritte.
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